Lothar Probst: ‚Mittelstandsanleihen nicht im Würgegriff der Eurokrise‘

Freitag, 5. Oktober 2012

Wie wirkt sich die Eurokrise auf den Markt der Mittelstandsanleihen aus? Das ist die zentrale Frage, auf die Lothar Probst (Foto) im Interview mit der Anleihen Finder Redaktion Antworten findet:

Anleihen Finder Redaktion: Die Eurokrise hat Europa fest im Griff. In welche Finanzprodukte kann man noch investieren? Wie sieht es mit deutschen, mittelständischen Unternehmensanleihen aus?

Lothar Probst: Grundsätzlich sehe ich keinen Würgegriff der Eurokrise. Für langfristig agierende Investoren ist es wichtiger denn je, eine breite Diversifikation über alle Assetklassen hinweg zu haben bzw. anzustreben. Zum Beispiel erhalten Investments in alternativen Energieformen, wie Solar- oder Windkraftanlagen eine immer größere Bedeutung. Gerade deswegen ergaben und ergeben sich ja hervorragende Anlagemöglichkeiten in deutsche Industrie- und Mittelstandsunternehmen, sowohl auf der Aktien- wie auch auf der Anleihenseite.

Anleihen Finder Redaktion: Profitieren Mittelstandsanleihen von der Krise (bspw. der Staatsanleihen)?

Lothar Probst: Ich sehe aktuell noch keine Krise. Für die Werthaltigkeit der Anleihen, und hier speziell der Mittelstandsanleihen, halte ich ein nachhaltiges und stabiles Geschäftsmodell für entscheidend. Natürlich müssen die Rahmenparameter wie funktionierende Refinanzierungsbedingungen im Kapitalmarkt gegeben sein. Deswegen sehe ich die Mittelstandsanleihen weder als Profiteur noch als Verlierer einer möglichen Krise.

Anleihen Finder Redaktion: Worin liegt die Gefahr des wackelnden Euros für deutsche Mittelstandsanleihen?

Lothar Probst: Ein kompletter Zusammenbruch bzw. eine komplette Änderung der vorhandenen Wirtschaftsordnung sehe ich als grundlegende Gefahr. Solche Szenarien bleiben aufgrund der globalisierten Welt nie auf Europa alleine begrenzt und hätten Auswirkungen auf alle Asset-Klassen. Trotz dieser Unwägbarkeiten halte ich Mittelstandsanleihen für gute Investments.

Anleihen Finder Redaktion: Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Kupons und Renditen von Mittelstandsanleihen weiterentwickeln?

Lothar Probst: Große Schwankungen erwarte ich nicht. Man kann nicht von einer neuen Asset-Klasse sprechen, sehr wohl aber von einem neuen Marktsegment. Sowohl bei den laufenden Renditen wie auch den Kupons von Neuemissionen sehe ich kaum eine Relation zum allgemeinen Zinsniveau, ITRAXX-Kurven bzw. CDS-Niveaus.

Anleihen Finder Redaktion: Um einmal ein extremes Szenario anzusprechen: Welche Auswirkungen hätte es auf die Rendite für Mittelstandsanleihen, wenn der Euro abgeschafft wird und die D-Mark wiederkommt?

Lothar Probst: Ein solches Szenario wird ja vielfach diskutiert. Die langfristigen Auswirkungen werden sicherlich andere sein, wie die kurzfristigen Auswirkungen. Aufgrund vieler Beobachtungen der letzten Jahre, bei denen sich die meisten Dinge komplett anders entwickelt haben als man hätte vermuten können, erlaube ich mir hier keine Prognose.

In vielen Asset-Klassen – auch den Mittelstandsanleihen-Segmenten – stelle ich immer wieder ein sehr geringes Handelsvolumen fest. Dieser Sachverhalt kann in Extremsituationen zu großen Kursverwerfungen führen. Aber wie gesagt, das gilt aktuell für fast alle Asset-Klassen. Und: Es kann auch eine riesige Chance sein.

Anleihen Finder Redaktion: Herr Probst, vielen Dank für das Gespräch!

Kurzvita von Lothar Probst

Lothar Probst (37) ist Geschäftsführender Gesellschafter und Gründer der lp inviso GmbH. Die lp inviso GmbH ist ein Family Office mit dem Schwerpunkt in  Kapitalanlagen im Bereich kleine und mittlere Unternehmen. Darüber hinaus ist die über 15-jährige Kapitalmarkt-Expertise von Herr Probst bei vielen Marktteilnehmern eine willkommene Drittmeinung. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann und ein Studium zum Bankbetriebswirt arbeitete er im Kredit- und Immobiliengeschäft bei einer genossenschaftlichen Bank und war Derivatehändler an der Börse Stuttgart.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: lp invisio GmbH

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