Kapitalmarkt KMU kritisiert Koalitionsvertrag 2025: „Konkrete Maßnahmen für börsennotierten Mittelstand fehlen“

Dienstag, 29. April 2025


Mitteilung des Interessenverbandes Kapitalmarkt KMU:

Interessenverband Kapitalmarkt KMU zum Koalitionsvertrag 2025: Wenig gute Ansätze und insbesondere konkrete, ambitionierte Maßnahmen für börsennotierten Mittelstand fehlen!

Der Interessenverband kapitalmarktorientierter kleiner und mittlerer Unternehmen e.V. (Kapitalmarkt KMU) fordert von der deutschen Politik in der kommenden Legislaturperiode ein klares Bekenntnis zum Kapitalmarkt. Insbesondere für wachstumsorientierte Unternehmen, Finanzierung neuer Technologien und die Ausgründung von Innovationen ist ein funktionierender Kapitalmarkt eine zentrale Säule, um notwendige Investitionen und Transformationsprozesse zu realisieren, Geschäftsmodelle zu skalieren und damit auch neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Der Interessenverband erkennt im neuen Koalitionsvertrag zwar grundsätzlich einzelne wenige positive Signale für die Börse und den Kapitalmarkt, vermisst jedoch konkrete und ambitionierte Maßnahmen zur gezielten Stärkung börsennotierter KMUs sowie konkrete Deregulierungsmaßnahmen.

„Wir begrüßen, dass der leistungsfähige Kapitalmarkt als industriepolitisches Ziel im Koalitionsvertrag verankert ist. Allerdings ist dies erst einmal nur ein Lippenbekenntnis, wie wir es seit Jahrzehnten kennen“, kritisiert Verbandspräsident Ingo Wegerich. „Die eigentliche Arbeit steht noch bevor: Der politischen Absichtserklärung müssen nun auch konkrete Schritte zu verbesserten Rahmenbedingungen für den kapitalmarktorientierten Mittelstand folgen. Dieser bleibt innerhalb des Koalitionsvertrags sehr stark unterrepräsentiert. Mit Blick auf die Versäumnisse während der vergangenen Legislaturperioden ist hier eine stärkere Fokussierung unabdingbar; ein klares politisches Bekenntnis zur Rolle börsennotierter KMUs als Wachstumstreiber fehlt!“

Der Interessenverband bewertet die den Kapitalmarkt betreffenden Koalitionsvorhaben im Einzelnen wie folgt:

WIN-Initiative: Einseitige Fokussierung auf Start-ups
Die im Koalitionsvertrag angekündigte Fortführung und Ausweitung der WIN-Initiative auf über 25 Milliarden Euro ist zwar zu begrüßen, richtet sich jedoch ausschließlich an Start-ups und Scale-ups. „Die gesamte Förderarchitektur setzt einseitig auf frühe Phasen der Unternehmensfinanzierung, ignoriert aber die Fortführung der Wachstumsfinanzierung via Kapitalmarkt. Was fehlt, ist eine Brücke von der Start-up-Förderung zum Kapitalmarkt“, kritisiert Wegerich. „Wir brauchen nicht nur Anschubfinanzierung, sondern auch Unterstützung für Unternehmen, die den Schritt an die Börse wagen möchten oder gewagt haben und weiteres Wachstumskapital benötigen.“

Deutschlandfonds: Richtiger Ansatz, unklare Ausrichtung
Ebenso ist die geplante Einrichtung eines Deutschlandfonds mit 10 Milliarden Euro Eigenmitteln und einem Gesamtvolumen von 100 Milliarden Euro grundsätzlich zu begrüßen. Der Fonds soll „bestehende Finanzierungslücken im Bereich des Wachstums- und Innovationskapitals, insbesondere für Mittelstand und Scale-ups“ schließen. Doch bleibt unklar, ob und wie börsennotierte KMUs davon profitieren werden oder ob der Fokus primär auf nicht-börsennotierten Unternehmen liegt. Wichtig wäre ein klares Bekenntnis zum kapitalmarktorientierten Mittelstand, an dem es an dieser Stelle im Koalitionsvertrag noch mangelt.

Frühstart-Rente: Richtige Idee, zu geringe Dimensionierung
Die Frühstart-Rente als kapitalgedecktes Altersvorsorgemodell entspricht grundsätzlich der Forderung des Interessenverbands nach einer stärkeren Einbindung des Kapitalmarkts in die Altersvorsorge. Die vorgesehenen monatlichen Einzahlungen von lediglich zehn Euro pro Kind reichen jedoch bei weitem nicht aus, um signifikante Kapitalströme zu mobilisieren.

Bürokratieabbau: Ambitionierte Ziele, die Umsetzung wird entscheiden
Die angekündigte Reduktion der Bürokratiekosten um 25 Prozent sowie die geplante Vereinfachung der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMUs sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Entscheidend wird sein, dass diese Erleichterungen zielführend umgesetzt werden und auch tatsächlich bei den mittelständischen börsennotierten Unternehmen ankommen.

Der Interessenverband wird die konkrete Umsetzung des industriepolitischen Bekenntnisses zugunsten eines leistungsstarken Kapitalmarktes eng begleiten und bietet einen produktiven Austausch mit der künftigen Bundesregierung an.

Unsere zentralen Forderungen:

Attraktivität für Investitionen in KMUs erhöhen

Die Attraktivität von kapitalmarktbasierten Investitionen in KMUs sollte durch gezielte Maßnahmen erhöht werden. Hierzu zählen verbesserte Verlustverrechnungsmöglichkeiten und andere steuerliche Vergünstigungen für KMU-Investitionen und Fonds sowie eine deutliche Erhöhung der Freibeträge für private Börsengewinne und Mitarbeiteraktien. Die Bundesregierung muss Investitionen in Einzel- und Wachstumstitel gezielt ermöglichen – nicht nur in große ETFs, die das Kapital ins Ausland lenken. Nur so wird der Kapitalmarktstandort Deutschland nachhaltig gestärkt. Der Verband fordert, die Rahmenbedingungen für Investitionen in börsennotierte KMUs signifikant zu verbessern. Andernfalls gehen wichtige Investitionen am Mittelstand vorbei.

Kapitalmarktbasierter Altersvorsorge zum Durchbruch verhelfen

Eine zukunftsfähige Altersvorsorge erfordert eine stärkere Einbindung des Kapitalmarkts – und insbesondere eine gezielte Berücksichtigung von Investitionen in KMUs. Um langfristige Kapitalflüsse in die deutsche Wirtschaft zu lenken, sollte ein aktienbasiertes Altersvorsorgemodell nach dem Vorbild Schwedens etabliert werden. Entscheidend ist dabei, dass nicht nur Großkonzerne und internationale ETFs profitieren, sondern Investitionen auch in deutsche mittelständische, börsennotierte Unternehmen fließen.

Bürokratische Hürden abbauen und Kapitalmarktzugang erleichtern

Um KMUs den Kapitalmarktzugang zu erleichtern, müssen übermäßige Regulierungen und komplexe Pflichtprozesse abgebaut werden. Der Verband spricht sich gegen jede Einführung weiterer bürokratischer Hürden aus, die Unternehmen zusätzlich belasten und den Kapitalmarktzugang für KMUs weiter erschweren.

Deutschland als attraktiven Standort für Börsengänge stärken

Die deutsche Politik sollte sich stärker für ein attraktives Kapitalmarkt-Ökosystem in Deutschland und Europa einsetzen. Bestehende wirtschaftspolitische Förderprogramme wie der Zukunftsfonds sollten erweitert werden, um auch Direktinvestitionen in börsennotierte KMUs gezielt zu unterstützen.

„Um die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Kapitalmarkts im globalen Wettbewerb zu stärken, brauchen wir ein deutlich ambitionierteres Engagement. Nationale Maßnahmen allein werden jedoch nicht ausreichen, um die strukturellen Nachteile gegenüber den großen internationalen Kapitalmarktplätzen zu überwinden und gleichzeitig dem Mittelstand als Rückgrat unserer Wirtschaft eine nachhaltige Teilhabe am Kapitalmarkt zu ermöglichen. Deutschland muss hier eine Führungsrolle in Europa übernehmen“, so Wegerich abschließend.

Interessenverband kapitalmarktorientierter kleiner und mittlerer Unternehmen e.V.

Foto: pixabay.com

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