Ja, ist denn schon wieder Weihnachten? – Kolumne von Florian Weber, SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank

Dienstag, 3. Dezember 2013


Mit Schrecken erkenne ich jedes Jahr Ende November, dass es bis Weihnachten gerade noch ein paar Wochen hin sind. Wer bekommt dieses Jahr welches Geschenk, habe ich auch keinen vergessen? Wie organisiert man die Feiertage mit Weihnachtsgans und Christmette, wann besuchen wir Oma und Opa? Weihnachtsbaum in klassisch rot/gold oder doch mal modern in pink oder ganz bunt? Wachskerzen mit Brandgefahr oder doch lieber diese neuartigen LED-Lichterketten mit dem Charme einer Supermarktauslage? Was soll ich sagen…? Der ganz normale Weihnachtswahnsinn halt… Mehr Stress als Besinnlichkeit, mehr Kommerz als christliches Fest.

Unsere Wirtschaft hat es schon immer verstanden, solche Feste für sich auszunutzen. Nicht umsonst sind die letzten Wochen bis Weihnachten die umsatzstärksten Einzelhandelszeiten. Auch sonst gibt sich die Wirtschaft erfinderisch, wenn es darum geht, Zusatzgeschäfte zu machen: Muttertag, Halloween oder auch Karneval sind solche Events.

Ich erinnere in dem Zusammenhang an den Weihnachtsmann-Streit, der immer zwischen Nikolausanhängern und Weihnachtsmann-Fans besteht. Behaupten doch Gegner des Weihnachtsmannes bis heute hartnäckig, dass Coca Cola der Erfinder dieser reinen Werbefigur – was zwar nicht stimmt, aber bei der werbegewaltigen Nutzung dieser Weihnachtsfigur durch den Softdrink-Hersteller bis in die heutige Zeit zumindest nicht unwahrscheinlich erschien.

Weihnachten ist jedenfalls nicht die einzige Zeit, in der die Kassen klingeln. Was heißt hier eigentlich genau „Weihnachten“? Für unsere Wirtschaft beginnt Weihnachten – losgelöst vom 24. Dezember – doch mittlerweile im September, jedenfalls begleiten mich ab da Spekulatius, Dominosteine oder Zimtsterne.

Warum schreibe ich Ihnen dies? Nein, sicherlich nicht aus Frust darüber, dass der Ursprung des Weihnachtsfestes immer mehr in Vergessenheit gerät. Auch nicht aus Verärgerung darüber, dass bei jedem Einkauf Weihnachtsmusik aus den Lautsprechern dudelt oder studentische Weihnachtsmänner mit „Ho,Ho,Ho“ und Glocke durch Einkaufszentren wandeln.

Der Grund ist vielmehr, dass ich mich freue! Freue darauf, endlich auch einmal in den Genuss niedriger Preise zu kommen. Schließlich haben wir ja schon seit Jahren vergleichsweise niedrige Inflationsraten. Komisch nur, dass ich das bei meinen Einkäufen nie so richtig merke! Ich habe das Gefühl, dass der Einkaufswagen bei gleicher Füllung immer teurer wird. Nehmen wir mal das Beispiel der Brötchen: Normale Brötchen sind teilweise für 30 Cent das Stück zu erhalten, Körnerbrötchen schlagen dann manchmal mit 60 Cent zu Buche… „Moooooooooment“, höre ich jetzt die Jüngeren sagen: „Was interessiert mich der D-Mark-Preis?“ Aber genau dadurch wird mir erst einmal klar, wie sehr sich die Preise vieler Güter des täglichen Gebrauchs in den letzten Jahren nach oben bewegt haben. Ein Amerikaner war lange Zeit für nicht mal 50 Pfennig zu bekommen, heute muss ich teilweise 1,3 Euro zahlen – eine gute Verfünffachung des Preises über die Jahre.

Wer sich vor Augen hält, wie sich die Inflationsdaten ermitteln, der wird feststellen müssen, dass niedrige Inflationsdaten eben nicht unbedingt auch etwas damit zu tun haben, nicht trotzdem mehr zahlen zu müssen. Im Warenkorb, der die Preissteigerungen ermittelt, sind unheimlich viele Produkte jeder Lebenslage – von Windeln über Bestattungskosten, von Glücksspielgebühren bis Kosten für das Abschleifen von Parkettböden. Und neben den täglich genutzten Gütern wie Nahrungsmittel oder Wohnkosten auch Bestandteile wie Autoneukauf oder Fernseh- oder PC-Erwerb. Und Letztere sind jene Dinge, die man nicht gerade jeden Tag neu kauft sondern nur alle paar Jahre – und gerade besonders eben zu Weihnachten.

Also freue ich mich darauf, endlich auch mal jene Produkte zu kaufen, die durch technisch optimierte, oftmals ins Ausland verlagerte Massenfertigung immer günstiger bei gleichzeitig steigender Leistung werden – so war ich auf meinen ersten PC stolz: 2×20 MB Festplatte, kaum mehr als eine bessere Schreibmaschine, noch mit Diskettenlaufwerk, einige 1000 DM Kosten… Flatscreens zu Preisen von 8000 DM und mehr… Infos, bei denen die heutige Jugend sicherlich Lachanfälle bekommt.

Egal, wie die Zusammenstellung des Warenkorbs auch sein mag – es wird immer Diskussionen über die „wahre Inflation“ geben, über „gefühlte“ Inflation oder „amtliche“ Inflation.

Für die Kapitalmärkte – und hier schlagen wir doch noch einen Bogen von Weihnachten zur Börse – zählt nur, dass die Daten niedrig und damit die Chancen auf ein anhaltendes Niedrigzinsniveau weiterhin gut sind. Aller Zentralbankdiskussionen zum Trotz gab und gibt es weiterhin keine fundamentalen Gründe für Zinssteigerungen. Vielleicht ist das für viele Anleger dann auch eine gute Weihnachtsnachricht, mit der man in ein neues und spannendes Börsenjahr 2014 gehen kann.

In diesem Sinne wünschen Ihnen die Kollegen der SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank eine besinnliche Vorweihnachtszeit. Vergessen Sie nicht, dass es neben der Jagd auf Rendite noch wichtigere, menschlichere Themen gibt und wir würden uns freuen, wenn Sie vielleicht die eine oder andere Chance haben, karitative Zwecke zu unterstützen. Wenn Sie an der Börse aktiv sein UND gleichzeitig helfen wollen, dann unterstützen Sie doch die Aktion Lichtblicke der Börse Düsseldorf. Am 06. Dezember werden alle Einnahmen, die sich durch Ihre Kundenorders ergeben, von der Börse Düsseldorf und den beteiligten Börsenmaklern zu Gunsten der Aktion Lichtblicke (www.lichtblicke.de) gespendet. In dem Sinne – frohe und gesegnete Weihnachten.

Florian Weber

Vorstand der SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank AG

Foto: Florian Weber/SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank

Kurzvita von Florian Weber

Florian Weber ist Handelsvorstand bei der SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank AG und für die Emission und Marktseite für Mittelstandsanleihen und alle andere Wertpapierklassen zuständig.

Nach seiner Ausbildung und anschließender Handelstätigkeit im Aktienhandel für die Deutsche Bank wechselte er 1996 zur SCHNIGGE AG, deren Handelsvorstand er seit 2003 ist.

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