„Fußnote“: Fünf auf einen Streich – Der KMU-Markt meldet sich zurück

Ein Blick auf den KMU-Anleihemarkt von Markus Knoss, BankM AG:
Der Weg zum Erfolg ist selten geradeaus. Das gilt im Märchen wie im echten Leben. Und natürlich auch für den Markt für KMU-Anleihen. Nach längerer Dürrephase hat das Segment in den vergangenen Wochen aber ein eindrucksvolles Lebenszeichen gesendet. Ein Trend, der auch im zweiten Halbjahr anhalten könnte.
Es sind zwar nicht „Sieben auf einen Streich“ wie im Grimms Märchen vom „tapferen Schneiderlein“ und schon gar keine Fliegen. Aber wir sprechen von fünf abgeschlossenen Anleiheemissionen innerhalb von nicht einmal einem Monat. Die Emissionen erfolgten in einem regelrechten Stakkato mehrerer bekannter Folgeanleihen und einer Debütanleihe. Eine Aktivität, wie sie das KMU-Segment zuvor länger nicht gesehen hatte. Damit wurde für das erste Halbjahr 2025 ein deutliches Ausrufezeichen gesetzt.
Es war ein Mix aus bekannten Namen, erfolgreichen Geschäftsmodellen und Folge-Anleihen, der die zuvor eher skeptische Haltung der Investoren durchbrechen konnte. Namen wie Homann Holzwerkstoffe GmbH mit einer deutlichen Überzeichnung von 120 Mio. Euro, SV Werder Bremen GmbH & Co. KG mit sogar einer Emissionserhöhung von 20 Mio. Euro auf 25 Mio. Euro, die im Bereich digitaler Kleinfinanzierungen tätige estnische Iute Group mit einem Volumen von insgesamt 140 Mio. Euro, wovon allein 52,5 Mio. Euro durch den Umtausch beigesteuert wurden.
Mit der HMS Bergbau AG, einem Handels- und Vertriebsunternehmen spezialisiert auf Schüttgüter für industrielle Kunden auf der ganzen Welt, debütierte auch ein Emittent mit einer Anleihe über 50 Mio. Euro. Den vorläufigen Schlusspunkt der „Fünf auf einen Streich“-Serie setzte die Deutsche Effecten- und Wechsel-Beteiligungsgesellschaft AG (DEWB) mit ihrer neuen Wandelanleihe. Das Zielvolumen in Höhe von 4 Mio. Euro wurde erfolgreich platziert. Dies ist insbesondere in einem weiterhin anspruchsvollen Marktumfeld für Minibonds von unter 15 Mio. Euro Emissionsvolumen ein starkes Signal.
Neue Strukturen, alte Jurisdiktion
Wie ist diese neue Wiederanlagebereitschaft im KMU-Segment zu interpretieren? Auffällig sind vor allem zwei Aspekte: Erstens sind die Emittenten nicht ausschließlich einer Branche angehörig. Es gibt eine breite Streuung quer durch alle Wirtschaftsbereiche. Dies zeigt die generelle Öffnung des Marktsegments für den Mittelstand. Es zeigt aber auch das gestiegene Interesse der Investoren, nicht nur die tagesaktuellen Trends zu bedienen. Zudem scheint die Risikoaversion mehr zugunsten des Chancenprofils zu weichen.
Zweitens wurden wieder vermehrt klassische deutsche Unternehmensanleihen begeben, anstatt sich für eine skandinavische Jurisdiktion zu entscheiden. Noch bis vor kurzem, hatte die höhere Platzierungssicherheit Emittenten vermehrt zum Nordic-Bond-Format tendieren lassen. Das scheint sich nun langsam wieder zu ändern. Im letzten Monat wurden hier einige Zeichen gesetzt. Mit erfolgreichen Vollplatzierungen, aber vor allem auch mit verbesserten Strukturen und Sicherheitskonzepten.
Positive Signale für das zweite Halbjahr
Dies wurde von Seiten der Investoren immer wieder zur recht gefordert und auch die Emittenten sehen jetzt vermehrt die Vorteile. Die Bereitschaft zur „Deutschen Unternehmensanleihe 2.0“ wird im Markt positiv wahrgenommen. Im Austausch mit unseren vielschichtigen Gesprächspartnern und Mandanten, sowohl auf der Emittenten- als auch auf der Investorenseite, sind aktuell viele Signale zu vernehmen, die auf eine sich aufhellende Stimmungslage und einhergehende Investitionslage hindeuten.
Dazu kommt, dass auch die operative Performance bei vielen KMU-Unternehmen passt. Die Hausaufgaben wurden angegangen und allen bekannten exogenen Faktoren zum Trotz in den meisten Fällen erfolgreich umgesetzt. Hält die positive Stimmung an, könnte die Emissionstätigkeit deshalb auch im zweiten Halbjahr sehr hoch sein. 34-40 Emissionen sind eine Zielmarke, die ich mir für das Gesamtjahr mittlerweile gut vorstellen kann. Das sind deutlich mehr als die 30, die ich zu Jahresbeginn vorausgesagt hatte und schon damit lag ich über dem Durchschnitt von 27 aus der traditionellen Jahresumfrage der Kommunikationsberatung IR.on.
Kommt es tatsächlich so, wäre das auch eine erneute Bestätigung für Anleihen als echte öffentliche Finanzierungsalternative für den Mittelstand. Auch das tapfere Schneiderlein musste schließlich immer wieder neue Hürden überwinden, bis es die Königstochter heiraten durfte.
Markus Knoss, BankM AG
Hinweis: Diese KOLUMNE erschien zunächst in der neuen Ausgabe des Anleihen Finder Newsletters (09-2025). Registrieren Sie sich hier für unseren KOSTENLOSER NEWSLETTER und seien Sie stets informiert.

Markus Knoss ist zugelassener Börsenhändler und Certified Investor Relations Officer und verfügt über jahrelange Erfahrung in verschiedenen leitenden Positionen im Aktienhandel, Salestrading und Portfoliomanagement. Der ausgewiesene Experte für Nebenwerte im deutschsprachigen Raum ist seit 2013 für die BankM AG tätig und verantwortlich für den Bereich Business Development DACH.
Portraitfoto: Markus Knoss, BankM AG
Titelfoto: pixabay.com (Symbolbild)
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