+++ EXKLUSIV +++ Interview mit SeniVita-Chef Dr. Horst Wiesent: „Das Geschäftsmodell der SeniVita Sozial gGmbH ist weiter tragfähig“

Mittwoch, 26. April 2017


Die Meldung zur Zinszreduzieung des SeniVita-Genussscheins (WKN: A1XFUZ) im kommenden Mai sorgte in den vergangenen Wochen für Unruhe bei den SeniVita-Anlegern. Mangelnde Transparenz wurde dem Unternehmen vorgeworfen. SeniVita-Chef Dr. Horst Wiesent hat sich den Fragen der Anleihen Finder Redaktion gestellt und exklusive Antworten gegeben.

Anleihen Finder Redaktion: Sehr geehrter Dr. Wiesent, die SeniVita-Genussschein-Inhaber müssen sich in 2017 mit einer Zinsreduzierung abfinden. Können Sie uns schon sagen, wie hoch genau oder in welcher Spanne sich die Zinszahlung im Mai einpendeln wird?

Dr. Wiesent: Wir sind gerade dabei, das zusammen mit unseren Wirtschaftsprüfern noch zu verproben. Fest steht, es wird im Mai eine Zinszahlung geben.

Anleihen Finder Redaktion: Die Erklärung der Zins-Reduzierung war für viele Anleger wenig verständlich. Können Sie unseren Lesern und Ihren Anlegern noch einmal schildern, was exakt der Grund für die Zins-Reduzierung ist? Welche Rolle spielt dabei die Service-Tochter SeniVita Social Care (SSC) GmbH und wo liegen Sie hinter Ihren Planungen zurück?

„Unerwartet hohes Defizit bei SSC“

Dr. Wiesent: 2016 hat die SeniVita Sozial gGmbH nach den vorläufigen Zahlen erstmals in der 19-jährigen Firmengeschichte ein geringes Minus von 0,5 Millionen Euro verzeichnen müssen. Gleichzeitig hat unsere Tochtergesellschaft SeniVita Social Care GmbH, die auf Erbringung von Pflegedienstleistungen und den Betrieb von Pflegeeinrichtungen spezialisiert ist, wider Erwarten im letzten Quartal ein Defizit von 4 Millionen Euro verbuchen müssen. Hier steuern wir jetzt mit harten Sparmaßnahmen gegen, um noch in diesem Jahr wieder die Gewinnzone zu erreichen. Das geschieht vor allem durch die Auslagerung des Bereichs Hauswirtschaft, eine Senkung der Sachkosten, interne Umstrukturierungen, aber auch eine notwendige Steigerung der Belegungsquote in einzelnen Einrichtungen. Dafür brauchen wir kurzfristig Liquidität, sichern aber langfristig die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens.

Anleihen Finder Redaktion: Die Zinsen sollen bei Erreichung bestimmter Kriterien/Punkte an die Anleger nachgezahlt werden. Was sind das für Kriterien? Was muss passieren, damit die Zinszahlung vollständig nachgereicht wird?

Dr. Wiesent: Wenn die Sanierung der SSC und unser Maßnahmenpaket dazu wie geplant greifen, dann werden wir im dritten Quartal die entsprechenden positiven Effekte sehen. Sowohl die SeniVita Sozial gGmbH wie auch die SSC sollen dann wieder schwarze Zahlen schreiben. Wir gehen davon aus, dass wir dann auch unser Liquiditätspolster wieder auffüllen und die Zinsen noch in 2017 nachzahlen können.

Anleihen Finder Redaktion: Sie sprechen von „Liquiditätsengpässen“ bei einer vollständigen Zinszahlung von 2,0 Millionen Euro. Das ist für Anleger kein gutes Zeichen. Wie steht es derzeit um die SeniVita Sozial gemeinnützige GmbH? Müssen sich die Anleger trotz einem ausgeklügelten Geschäftsmodell ernsthafte Sorgen machen?

„Das Geschäftsmodell ist weiter tragfähig“

Dr. Wiesent: Wir müssen als gemeinnütziges Unternehmen ja besonders vorsichtig agieren, auch um unsere Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden. Deshalb müssen wir stets ein Liquiditätspolster vorhalten, um zum Beispiel gegebenenfalls verzögerte Pflegeleistungen über einen gewissen Zeitraum auffangen zu können. So haben sich etwa durch das Dritte Pflegestärkungsgesetz zum Jahreswechsel für alle Betreiber von Pflegeeinrichtungen die Abrechnungsmodalitäten verändert. Das hat bei allen zu Anpassungsproblemen geführt und neue Liquiditätspläne notwendig gemacht.

Gleichzeitig brauchen wir jedoch Liquidität, um das im Interesse des Gesamtunternehmens und der Anleger stehende, nachhaltige Sanierungsprogramm für die SSC so schnell wie möglich abzuschließen. Für solche Fälle sehen die Genussrechts- und Genussscheinbedingungen die Möglichkeit vor, die im Mai anstehenden Zinszahlungen zu reduzieren bzw. diese zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Weil wir gesehen haben, dass wir im Mai durch die genannten Maßnahmen eine solche besondere Beanspruchung der Liquidität haben werden, mussten wir entsprechend handeln. Das Geschäftsmodell der SeniVita Sozial gGmbH ist jedoch weiter tragfähig und wir gehen davon aus, dass wir bereits 2017 wieder mit einem positiven Ergebnis abschließen werden.

„Kein Einfluss auf die SeniVita Social Estate AG“

Anleihen Finder Redaktion: Welchen Einfluss hat die aktuelle Lage der SeniVita Sozial gGmbH auf die SeniVita Social Estate AG, die ja Emittentin einer Wandelanleihe ist? Müssen deren Anleger auch mit Folgen rechnen?

Dr. Wiesent: Die SeniVita Social Estate AG ist ein vollständig eigenständiges und unabhängig im Markt agierendes Unternehmen. Ihr Geschäft ist der Bau und die Vermarktung von Pflegeimmobilien. Insofern hat die aktuelle Lage der SeniVita Sozial gGmbH keinen Einfluss auf die SeniVita Social Estate AG.

Anleihen Finder Redaktion: Wie sehen die weiteren finanziellen Planungen der SeniVita Sozial gGmbH für 2017 und 2018 aus?

Dr. Wiesent: Wir erwarten für die SeniVita Sozial gGmbH unverändert für 2017 ein geringes positives Jahresergebnis. Ab 2018 soll es dann deutlich ansteigen. Und wir gehen davon aus, dass wir auch bei der SSC noch in 2017 den Turnaround schaffen.

„Wir werden in Zukunft eine bessere Erreichbarkeit sicherstellen“

Anleihen Finder Redaktion: SeniVita gilt am Kapitalmarkt gemeinhin als „gute Emittentin“ mit transparenter Kommunikation. Von einigen Investoren wird dies (mangelnde Kommunikation und Erreichbarkeit) in der gegenwärtigen Situation jedoch stark bemängelt. Können Sie das nach nachvollziehen und was entgegnen Sie dem?

Dr. Wiesent: Wir nehmen diese Kritik sehr ernst und können sie in Einzelfällen auch gut nachvollziehen. Allerdings wollen wir auch alle Anleger gleich behandeln und gleich informieren. Deshalb haben wir mit Adhoc- und Pressemitteilungen auf für alle verfügbare Informationskanäle gesetzt, wie dies auch die geltenden Transparenzpflichten vorschreiben. Wir werden jedoch in Zukunft die Frequenz insbesondere von Pressemitteilungen und „Corporate News“ erhöhen und auch eine bessere Erreichbarkeit sicherstellen.

Anleihen Finder Redaktion: Herr Dr. Wiesent, besten Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Timm Henecker.

GENUSSSCHEIN CHECK: Der im Mai 2014 emittierte SeniVita-Genussschein (WKN: A1XFUZ) wird normalerweise jährlich mit 7,00 Prozent fest und 1,00 Prozent variabel verzinst. Bislang erhielten die Investoren stets die volle Verzinzung in Höhe von 8,00 Prozent. Das maximale Gesamtvolumen beträgt 25 Millionen Euro, Fälligkeitstermin ist am 27. Mai 2019. Der aktuelle Kurswert liegt bei 73,5 Prozent (Stand: 26.04.2017).

Anleihen Finder Datenbank

SeniVita Sozial gGmbH Genussrecht 2014/19

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