Emittenten auf der Kostenbremse: Wie teuer sind Bondm und Co?

Donnerstag, 14. Juni 2012

Der Fall Payom Solar wirft die Frage auf, ob sich eine Börsennotierung für mittelständische Anleihenemittenten lohnt.

Pragmatisch war der Schritt, ein wenig offensiv und in jedem Fall aufsehenerregend: Die durch die Krise der Solarenergie in Kostendruck geratene Payom Solar AG hat die Notierung ihrer Anleihe im Handelssegment Bondm der Stuttgarter Börse mit Wirkung zum 27. Juni 2012 gekündigt. Zur Begründung dieses bis dato einmaligen Schritts erklärte Detmar Dettmann, jüngst berufener Vorstand der Payom Solar AG, dass das Hamburger Unternehmen so bis zur Rückzahlung der Anleihe in 2016 einen sechsstelligen Betrag einsparen könne.

Geringes Handelsvolumen und niedriger Kurs

Für die Anleger von Payom bedeutet dies, dass ihre Anleihe (WKN: A1H3M9) dann nur noch im Freiverkehr der Börse in Stuttgart handelbar sein wird. Payom-Unternehmenssprecher Tobias Meister erwartet keine großen Reaktionen von Seiten der Anleihegläubiger: „Die Lage wäre etwas anders gewesen, wenn die Handelsumsätze in der Anleihe in den vergangenen Monaten sehr hoch gewesen wären. Dann hätten wir uns wohl auch nicht aus Bondm zurückgezogen. So wird sich für die Investoren nichts ändern.“

Genauso wie der wenig liquide Markt, dürfte auch der niedrige Kurs der Payom-Anleihe von derzeit 22 Prozent des Nominalwerts ein Grund dafür gewesen sein, dass der Photovoltaik-Projektierer wenig Nutzen in der Notierung seines „Energy Bonds“ im Bondm sah. Denn das Handelssegment für mittelständische Anleihen hat durchaus seinen Preis. Zwar dürften die einmalige Listing-Gebühr von EUR 1.500 sowie das jährliche Notierungsentgelt von ebenfalls EUR 1.500 bei Finanzierungsvolumina in Millionenhöhe, kaum Gewicht haben – doch das Handelssegment Bondm stellt Transparenzanforderungen an seine Emittenten, die für die Unternehmen dann spürbaren Mehraufwand bedeuten.

So verpflichtet das Regelwerk den Emittenten, einen Bondm-Coach zu mandatieren, ein Rating und entsprechende Folgeratings vorzuweisen, testierte Jahres- und Halbjahresabschlüsse vorzulegen sowie Ad-hoc-Meldungen, einen aktuellen Finanzkalender und ein Emittenten-Factsheet zu veröffentlichen.

Hierbei schlägt allein das Rating mit Kosten ab 30.000 (Richtwert Creditreform) oder ab EUR 50.000 (Richtwert Euler Hermes) zur Buche sowie weitere Kosten für Folgeratings. Berücksichtigt man zudem die Personalkosten und die Aufwendungen für externe Dienstleister, die aus den Transparenzanforderungen entstehen, wird deutlich, warum Payom von einem Einsparpotenzial im sechsstelligen Bereich spricht.

Mehr Öffentlichkeit im Bondm

Bernd Stockmann, Pressereferent der Börse Stuttgart, findet dagegen, dass sich die Notierung im Bondm durchaus lohnt: „Im Handelssegment Bondm ist aufgrund der im Regelwerk vorgeschriebenen Publizitätsvorschriften ein erhöhtes Transparenzniveau gegeben als im Freiverkehr. Ein Listing bringt folglich eine höhere Präsenz bei den Investoren und in der Öffentlichkeit mit sich. Durch die erhöhte Medienberichterstattung, den Handel im Sekundärmarkt und die Zugehörigkeit zum Bondm-Index steigt der Bekanntheitsgrad der Unternehmen. Hinzu kommen im Bondm weitere Instrumente und Dialogveranstaltungen, beispielsweise die EDG-Risikoklassifizierung und die Investorentage.“

Nicht zuletzt muss angemerkt werden, dass die Transparenzanforderungen und Offenlegungspflichten in der klassischen Kreditfinanzierung ebenfalls hoch sind. Die Investition in Ratings, Finanzberichterstattung und sonstige Investor Relations kann einem Unternehmen also in vielfältiger Art und Weise den Zugang zu Fremdkapital erleichtern.

Kostenbewusste Mittelständler

Die Börsen Hamburg und Hannover betonen derweil, bewusst keine Hürden durch hohe Zugangskosten des Qualitätssegments „Mittelstandsbörse Deutschland“ aufbauen zu wollen. So ist ein Rating vom Regelwerk nicht zwingend vorgeschrieben. „In der Praxis ist es aber in den meisten Fällen für eine erfolgreiche Platzierung unabdinglich“, gibt Ulf Timke, Leiter der Handelsüberwachungsstelle an der Börse Hamburg, zu bedenken. Pflicht in der „Mittelstandsbörse“ ist dagegen die Veröffentlichung des geprüften Jahresabschlusses und von „Quasi-Ad-hoc-Meldungen“. Ulf Timke fasst das Spannungsfeld zusammen, in dem sich nicht nur die Mittelstandsbörse wiederfindet: „Einerseits muss dem berechtigten Interesse der Anleger nach Transparenz auch während der Laufzeit der Anleihe Rechnung getragen werden und andererseits sollen die Kosten für die Notierung mit dem Kostenbewusstsein gerade mittelständischer Unternehmen in Einklang gebracht werden.“

Einsparungspotenzial durch schnellere Platzierungen?

Leticia Adam, Unternehmenssprecherin der Deutschen Börse AG, dagegen, verweist darauf, dass eine Notierung in den Qualitätssegmenten der Börsen auch Kosten einsparen kann: „Über die Börse kommt ein zusätzlicher Platzierungskanal zu Retailinvestoren hinzu. Je mehr Nachfrage, desto höher die Platzierungssicherheit und desto geringer die Gesamtemissionskosten.“

Auch Dr. Marc Feiler, Leiter der Zulassung der Börse München, sieht nicht nur Kosten bei den Qualitätssegmenten: „Die Erfüllung von Zugangsvoraussetzungen und Folgepflichten dient der Schaffung von Vertrauen und der Investorenpflege. Beides ist insbesondere dann unumgänglich, wenn eine Kapitalmarktstrategie besteht und eine dauerhafte Unternehmensfinanzierung über die Börse angestrebt wird. Die Investitionen in Transparenz und Publizität werden sich dann umso mehr auszahlen und bei Folgeemissionen zu verbesserten Konditionen und einer leichteren Platzierung führen.“

Argument Unternehmenspräsentation

Reputation und Marktpräsenz sind also wichtige Argumente für die Notierung in den sogenannten Qualitätssegmenten. Doch hat die Payom Solar AG demnach einen Imageschaden davon getragen, als sie sich öffentlich zu dem Kostendruck bekannte, der auf ihr lastet? Schließlich war dem Markt bereits im Vorfeld hinlänglich bekannt, dass der Projektierer – wie fast alle Unternehmen aus der Solarbranche – mit einem schwierigen Marktumfeld zu kämpfen hat. Der Rückzug aus Bondm kann stattdessen auch positiv, als Maßnahme eines konsequenten und pragmatischen Managements gesehen werden. Payom-Sprecher Meister jedenfalls bleibt selbstbewusst: „Wir werden uns jetzt nicht im Freiverkehr verstecken. Da Payom selbst börsennotiert ist, werden wir natürlich weiterhin regelmäßig alle relevanten Unternehmensnachrichten veröffentlichen.“ Ob die Anleger diese Haltung würdigen werden, wird sich in der zukünftigen Kursentwicklung widerspiegeln. Das gilt ebenso für die fundamentale Entwicklung des Unternehmens: Im dritten Quartal 2011 zeigte Payom ein negatives EBIT von rund EUR 14 Mio. Der testierte Jahresabschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr steht noch aus.

Anleihen Finder Redaktion

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