„Die Nachfrage nach Wohnraum übersteigt das Angebot in unseren Kernmärkten deutlich“ – Interview mit Martin Moll, Euroboden GmbH
Die Euroboden GmbH gehört zu den etablierten Emittenten am KMU-Anleihemarkt. Gegenwärtig ist das Münchner Immobilienunternehmen mit Fokus auf architektonisch hochwertige Projekte mit zwei Anleihen am Kapitalmarkt vertreten. Wir haben bei Geschäftsführer Martin Moll nachgefragt, wie sich die aktuellen globalen Krisenherde auf die Geschäftstätigkeit der Euroboden auswirken und welche Ziele das Unternehmen in diesem Jahr verfolgt.
Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Moll, wie „läuft“ es derzeit bei der Euroboden GmbH? Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung des Unternehmens in den zurückliegenden zwei Jahren?
Martin Moll: Grundsätzlich sind wir mit dem Geschäftsverlauf zufrieden. Die jüngsten Geschäftszahlen, für den Berichtszeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 30. September 2021, belegen, dass unser Geschäftsmodell funktioniert: Wir haben eine sehr starke Umsatz- und Gewinnentwicklung erreicht. Unser Konzerneigenkapital haben wir auf mittlerweile rund 72 Millionen Euro erhöhen können, das ist mehr als eine Verdreifachung innerhalb von drei Geschäftsjahren. Wenn man die aktuelle Situation betrachtet, kommen wir mit der Entwicklung unserer Projekte gut voran, wie beispielsweise die Baurechtschaffung bei unserem Wohnquartiersprojekt in Düsseldorf zeigt. Gleichzeitig hat sich das Umfeld in den vergangenen Monaten doch erheblich verändert; hier sind vor allem die stark gestiegenen Zinsen sowie höhere Baukosten zu nennen.
Anleihen Finder: Wie machen Ihnen die Auswirkungen der aktuellen Krisenherde zu schaffen? Gibt es auch bei Ihnen Projektverzögerungen, etwa durch gestörte Lieferketten?
„Es zeigt sich gerade in Krisensituationen, dass ein qualitativ hochwertiges Zuhause mehr denn je geschätzt wird“
Martin Moll: Natürlich spüren auch wir die Auswirkungen, dass beispielsweise Genehmigungen von Behörden länger brauchen und Baukosten steigen. Das muss man mit einkalkulieren. Aber es beeinträchtigt uns bisher nicht so gravierend, dass Baumaterial gar nicht zu bekommen wäre oder Baustellen stillstehen würden.
Wir setzen auch jetzt unsere Projekte sukzessive weiter um und versuchen den aktuellen Herausforderungen entsprechend zu begegnen. Per se ist die Nachfrage nach Wohnraum insbesondere in unseren Kernmärkten, also München und Berlin, sehr hoch und übersteigt das Angebot deutlich. Es zeigt sich gerade in Krisensituationen, dass ein qualitativ hochwertiges Zuhause mehr denn je geschätzt wird; hier können wir mit unseren Projekten entsprechende Angebote machen.
Anleihen Finder: Rechnen Sie mit Margenproblemen durch die gestiegenen Rohstoffpreise? Wenn ja, wie steuern Sie dem entgegen?
„Sofern es aufgrund von gestiegenen Baukosten tatsächlich zu einem Margenrückgang käme, wäre das für uns verkraftbar“
Martin Moll: Wir haben in der Vergangenheit durchgehend weit überdurchschnittliche Margen mit unseren Projekten erzielt. Auch die Projekte, die wir aktuell bearbeiten, weisen kalkulatorisch hohe Margen aus. Sofern es aufgrund von gestiegenen Baukosten tatsächlich zu einem Margenrückgang käme, wäre das für uns verkraftbar. Unsere Stärke war es von jeher, Grundstücke mit großem wirtschaftlichem Potenzial zu identifizieren. Dass uns das gut gelingt, zeigen beispielsweise auch die Ergebnisse vom vergangenen Geschäftsjahr: Wir haben ein EBIT von knapp 35 Millionen Euro erzielt bei einem Umsatz von gut 81 Millionen Euro.
Anleihen Finder: Wie stellt sich die Cash-Situation der Euroboden GmbH gegenwärtig dar? Mit welchen operativen Zahlen kalkulieren Sie in diesem Jahr?
Martin Moll: Uns ist es schon immer wichtig gewesen, einen finanziellen Spielraum zu haben. Gerade im Ankauf neuer Grundstücke gibt uns das entsprechende Freiheiten und schafft Vorteile. Unsere Liquidität bewegt sich regelmäßig im Bereich von rund 40 Millionen Euro. Konkrete Zahlen für dieses Jahr können wir noch nicht nennen.
Anleihen Finder: Kommen wir zu den aktuellen und zukünftigen Projekten: Wo ist die Euroboden GmbH derzeit überall tätig?
Martin Moll: Wir entwickeln momentan Projekte vor allem in den Metropolregionen München und Berlin. Etwa zwei Drittel unserer Projekte befinden sich in München, ein Drittel in Berlin. Von den aktuell ca. 30 Projekten unserer Zwei-Milliarden-Pipeline befinden sich acht in der Vermarktungs- und Verkaufsphase. Im laufenden Geschäftsjahr 2021/2022 haben bzw. hatten wir Vertriebsstart mit zwei neuen Projekten, nämlich in Berlin mit der Lion-Feuchtwanger-Straße sowie in Berg am Starnberger See. Unser Fokus wird zwar auch künftig auf dem Wohnbereich bleiben, aber wir nutzen auch Opportunitäten im Gewerbesegment, wenn wir entsprechende Potenziale sehen.
„Die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben, wird immer mehr eingeschränkt“
Der beschriebene Nachfrageüberhang in den Metropolregionen wird nach unserer Einschätzung noch lange bestehen bleiben. Teilweise ist sogar davon auszugehen, dass das Angebot an Eigentumswohnungen eher abnimmt. Gründe hierfür sind unter anderem bürokratische Hürden auf Genehmigungsseite, ein höherer Anteil an gefördertem Wohnraum bei Neubauprojekten, der Stopp einiger Bauvorhaben sowie zunehmende Aufteilungsverbote von Bestandsgebäuden. Die Folge ist, dass die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben, immer mehr eingeschränkt wird.
Anleihen Finder: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum die beiden Euroboden-Anleihen ausgerechnet Anfang Mai etwas „schwächelten“?
Martin Moll: Beide Anleihen, die wir ausstehend haben, notieren aktuell zwischen 97 und 98. Wir beobachten die Kursentwicklung natürlich genau. Der Markt ist insgesamt nervös durch diverse globale Krisenherde und auch durch News von anderen Anleiheemittenten. Das gestiegene Zinsniveau hat ebenfalls einen Einfluss auf die Renditen von Anleihen. Auch wir können uns diesen Rahmenbedingungen nicht vollständig entziehen. Ich möchte aber betonen, dass Euroboden ein sehr verlässlicher Emittent ist. Wir sind seit fast zehn Jahren am Kapitalmarkt aktiv, haben insgesamt vier Unternehmensanleihen emittiert und zwei davon bereits zurückgezahlt. Erst kürzlich haben wir selbstverständlich wieder pünktlich Zinsen gezahlt, für unsere Anleihe 2020/2025.
ANLEIHE CHECK I: Die fünfjährige Euroboden-Anleihe 2020/25 (ISIN: DE000A289EM6) wird mit einem Zinskupon von 5,50 % p.a. verzinst (halbjährliche Zinszahlung) und läuft bis zum 18.11.2025. Vom Gesamtemissionsvolumen in Höhe von 75 Mio. Euro sind etwas über 50 Mio. Euro platziert.
ANLEIHE CHECK II: Die in 2019 emittierte Euroboden-Anleihe 2019/24 (ISIN: DE000A2YNXQ5) ist ebenfalls mit einem Zinskupon von 5,50% p.a. (halbjährliche Zinszahlung) ausgestattet und hat eine Laufzeit bis zum 01.10.2024. Das vollständig platzierte Emissionsvolumen beträgt 40 Mio. Euro.
Anleihen Finder: Ziehen Sie es in Betracht – bei anhaltender Marktschwäche – ggf. eigene Anleihen zurückzukaufen? Oder erwägen Sie gar weitere Platzierungstranchen für zukünftige Projekte?
„Sehen uns insgesamt aktuell adäquat finanziert“
Martin Moll: Nein, beides planen wir momentan nicht. Wir sind zuversichtlich, dass sich unsere Stärke im operativen Geschäft auch in den Kursen unserer Anleihen weiterhin widerspiegeln wird. Insgesamt sehen wir uns aktuell adäquat finanziert; das vorhandene Eigenkapital sowie die freie Liquidität sind ausreichend für die geplante Geschäftsentwicklung. Generell sollen Anleihen, neben Bankenfinanzierung und Eigenkapital, Teil unseres Finanzierungsmixes bleiben. Das verschafft uns auch einen Vorteil zum Beispiel im Vergleich zu teureren Mezzanine-Finanzierungen.
Anleihen Finder: Sie haben unlängst ihren ersten ESG-Bericht veröffentlicht. Inwiefern arbeiten Sie als Unternehmen und bei Ihren Projekten ökologisch und sozial verantwortungsbewusst?
Martin Moll: Nachhaltigkeit spielt für Euroboden und bei unseren Projekten bereits lange eine große Rolle. Vielmehr war es schon immer unser Bestreben, ökologische und soziale Aspekte mit ökonomischer Substanz zu verbinden. Das haben wir nun in Form unseres ersten ESG-Berichts festgehalten. Aber Nachhaltigkeit steht bei uns nicht nur beim Bau im Fokus, sondern bereits in der konzeptionellen Entwicklung. Wir schauen, welche konkreten Bedürfnisse die Menschen vor Ort haben und wie wir als Immobilienentwickler und Architekturmarke die Stadt von morgen mitgestalten können. Unser Beitrag dazu ist vielschichtig und reicht von der Konzeption ganz neuer Lebens- und Arbeitswelten bis zum bedachten Umgang mit Bestandsgebäuden. Beispielsweise beim Derzbachhof im Münchener Ortsteil Forstenried: Den ältesten noch erhaltenen Bauernhof Münchens haben wir vor dem Verfall gerettet. Mit dem Ensemble im Dorfkern von Forstenried haben wir neues Leben zwischen Urbanität und Dörflichkeit geschaffen. Gemeinschaft spielt auf dem neuen Derzbachhof eine zentrale Rolle. Denn wir haben den denkmalgeschützten Hof nicht nur revitalisiert, sondern vielfältige Begegnungsflächen geschaffen, zum Beispiel einen öffentlichen Dorfplatz auf dem Grundstück. Zur ökologischen Nachhaltigkeit trägt das Projekt durch eine Holzhybridbauweise und den Einsatz von Holz-Pellet-Heizungen bei, also indem wir dort auf nachwachsende Rohstoffe zurückgegriffen haben.
Ich könnte noch viele Beispiele nennen, wie wir ökologische und soziale Verantwortung leben. Vielleicht noch eines aus dem Office-Bereich: Bei unserem Projekt Hammerschmidt an der Stadtgrenze von München realisieren wir innovative Workspaces und schaffen Lösungen für verändernde Bedürfnisse der Arbeitswelt. Das Projekt trägt zur ökologischen Nachhaltigkeit bei durch anpassungsfähige Grundrisse sowie energieeffiziente Bauteilaktivierung sowie natürlich Be- und Entlüftung. Es fördert auch die soziale Interaktion durch attraktive Begegnungsräume und großzügige Außenräume.
Anleihen Finder: Wie sehen die weiteren Planungen aus – welche operativen und unternehmerischen Meilensteine sollen in diesem Jahr und den kommenden Jahren erreicht werden?
„Unsere Strategie wird immer geleitet sein von überzeugender Architektur, die Mehrwerte schafft“
Martin Moll: Operativ liegt unser Fokus auf der Weiterentwicklung und Umsetzung unserer Pipeline. Wir gehen davon aus, dass wir zeitnah in weiteren relevanten Projekten Baurechte schaffen können und diese entsprechend positiv beschieden werden. Gleichzeitig wollen wir beim Ankauf neuer Grundstücke attraktive Chancen nutzen, wenn sich diese bieten. Unsere Strategie wird dabei immer geleitet sein von überzeugender Architektur, die Mehrwerte schafft.
Anleihen Finder: Herr Moll, besten Dank für das Gespräch.
Anleihen Finder Redaktion.
Fotos: Darcstudio for Euroboden
Portraitfoto: Martin Moll, Euroboden GmbH
Hinweis: Dieses Interview erschien zunächst in der neuen Ausgabe des Anleihen Finder Newsletters (Juni-1-2022). Registrieren sie sich hier kostenlos für unseren Newsletter und seien Sie vorab informiert.
Anleihen Finder Datenbank:
Unternehmensanleihe der Euroboden GmbH 2013/2018 (getilgt)
Unternehmensanleihe der Euroboden GmbH 2017/2022 (getilgt)
Unternehmensanleihe der Euroboden GmbH 2019/2024
Unternehmensanleihe der Euroboden GmbH 2020/2025
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