„Die Entwicklung von Wind- und Solarparks ist jedes Mal ein sehr individueller Prozess“ – Interview mit Peter Szabo, Energiekontor AG
Die im SDAX und TecDAX gelistete Energiekontor AG bietet derzeit ein neue Unternehmensanleihe (ISIN: DE000A383B36) ab einer Mindestanlage von 3.000 Euro über die eigene Webseite an. Die Anleihe mit siebenjähriger Laufzeit bis zum 31.01.2032 hat ein Gesamtvolumen von 20 Mio. Euro und wird jährlich mit 5,25% verzinst. Peter Szabo, Vorstandsvorsitzender der Energiekontor AG, hat der Anleihen Finder Redaktion u.a. die aktuellen Herausforderungen am Erneuerbaren Energien-Markt sowie die geplanten Wachstumsziele des Unternehmens geschildert.
Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Szabo, die Energiekontor AG bietet aktuell eine neue siebenjährige Anleihe an. Für welche Projekte sollen die Anleiheerlöse von bis zu 20 Mio. Euro konkret eingesetzt werden?
Peter Szabo: Energiekontor ist ein Projektierer der ersten Stunde im Bereich der Wind- und Solarenergie. Wir haben bereits über 30 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und Realisierung von Wind- und Solarparkprojekten sammeln können. Daneben sind wir auch als unabhängiger Stromerzeuger mit unseren eigenen Parks und im Bereich der Betriebsführung unserer sowie externer Wind- oder Solarparks tätig. Diese Diversifikation hilft uns dabei, organisch zu wachsen und langfristig finanziell stabil aufgestellt zu sein. So divers wie unsere verschiedenen Standbeine sind auch unsere Finanzierungsmöglichkeiten. Die Erlöse aus der neuen siebenjährigen Anleihe sollen für eine Vielzahl möglicher Projekte eingesetzt werden, die die strategische Ausrichtung von Energiekontor weiter stärken. Die Mittel aus der Anleihe werden primär für kurzfristige Finanzierungsbedarfe genutzt, jedoch ist der genaue Verwendungszweck derzeit noch nicht festgelegt, was dem Charakter eines sogenannten „Blind-Pools“ entspricht. Grundsätzlich bieten uns die Anleihebedingungen eine flexible Verwendung der Mittel in den Bereichen:
- – Finanzierung der Entwicklung von Solar- und Windkraftprojekten;
- – Vor-, Zwischen- und Refinanzierung von Solar- und Windkraftprojekten;
- – Finanzierung des Kaufs von Gesellschaftsanteilen an Windkraft- und/oder Solarprojekten und/oder des Kaufs ganzer Wind- und/oder Solarparks;
- – die Ablösung bestehender Kredite, die zur Finanzierung von Solar- und Windkraftprojekten aufgenommen wurden und
- – den Kauf von Projektrechten.
Anleihen Finder: 20 Mio. Euro klingt für ein im SDAX und TecDAX gelistetes Unternehmen zunächst einmal recht übersichtlich. Warum sind „kleinvolumige“ Anleihen dennoch wichtige Finanzierungsbausteine in Ihrem Geschäftsmodell? Welche Vorteile haben Sie mit dieser Art der (Zusatz-)Finanzierung?
„Unternehmensanleihen bieten uns flexibel einsetzbare Mittel für eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten“
Peter Szabo: Grundsätzlich prüfen wir hier unsere Bedarfe regelmäßig und sehr genau, auch nach Fristigkeiten. Insgesamt haben wir bisher ein Volumen von rund 130 Mio. Euro über Anleihen finanziert, davon rund 50 Mio. Euro über Unternehmensanleihen. Der andere Teil ist in sogenannte Stufenzinsanleihen geflossen. Unternehmensanleihen bieten uns flexibel einsetzbare Mittel für eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten. Stufenzinsanleihen dagegen dienen spezifischeren Verwendungszwecken, was uns eine sichere und risikoarme Nutzung der Mittel ermöglicht. In dieser Kombination bieten uns kleinvolumige Anleihen so eine solide und bedarfsorientierte Finanzierungsstruktur, die das Wachstum und die Entwicklung unseres Unternehmens optimal unterstützen.
INFO: Den Wertpapierprospekt der Energiekonto-Anleihe 2024 finden Sie hier
Anleihen Finder: Die Anleihe bietet einen Zinskupon von 5,25% p.a. und läuft 7 Jahre. Wen adressieren Sie mit dem Bond und warum haben Sie sich dabei bewusst gegen ein Börsen-Listing der Anleihe entschieden?
Peter Szabo: Unsere Anleihe richtet sich an eine breite Zielgruppe von privaten Investor:innen, die sich sowohl für die Energiewende als auch für nachhaltige Investments interessieren und ihr Portfolio damit erweitern möchten. Mit einer Einstiegsmöglichkeit ab 3.000 Euro bieten wir so auch kleineren Anleger:innen die Chance, daran teilzuhaben. Wir haben uns dabei bewusst gegen eine Börsennotierung der Anleihe entschieden, da ein Listing auch durch Kursschwankungen, die außerhalb unseres Einflusses liegen, beeinflusst werden kann, wie z.B. durch politische Umstände. In der Vergangenheit haben wir im Übrigen alle unsere Anleihen stets zuverlässig bedient und zurückgezahlt.
„Haben alle unsere Anleihen stets zuverlässig bedient und zurückgezahlt“
Anleihen Finder: Sie haben in 2023 einen außerordentlich hohen Konzerngewinn (EBT) von 95,5 Mio. Euro erzielt. Was waren die Gewinn- und Wachstumstreiber im vergangenen Jahr?
Peter Szabo: Die Entwicklung von Wind- und Solarparks ist jedes Mal ein sehr individueller Prozess, der in der Regel nicht linear verläuft und der viel Erfahrung braucht. Wir setzen Projekte unterschiedlichster Größen und Beschaffenheiten um. Dabei spielen vor allem geografische, meteorologische, wirtschaftliche, politische und länderspezifische Bedingungen eine große Rolle. In diesem Zusammenhang steht auch das hohe Ergebnis des letzten Geschäftsjahres. Im Dezember 2023 konnten wir nach einigen bereits vollzogenen Transaktionen ein weiteres schottisches Windparkprojekt erfolgreich veräußern, was schließlich zur Anhebung unserer damaligen Ergebnisprognose und zu einem historisch hohen Konzernergebnis vor Steuern (EBT) von 95,5 Mio. Euro führte. Die Transaktion so kurz vor dem Jahreswechsel war also ein Vorzieheffekt vom Geschäftsjahr 2024 ins Geschäftsjahr 2023.
Anleihen Finder: Wie ist die aktuelle Geschäftsentwicklung in diesem Jahr? Warum liegen die Zahlen zumindest zum Halbjahr noch deutlich unter den Vorjahreswerten und welchen Ausblick wagen Sie diesbezüglich für das Gesamtjahr und die kommenden Jahre?
Peter Szabo: Wie eben beschrieben, nahm das hohe Ergebnis im Geschäftsjahr 2023 bereits einen Teil des für 2024 geplanten Ergebnisbeitrags vorweg und trug vorzeitig zur Erreichung unserer langfristigen Wachstumsstrategie bei, mit der wir unser Konzernergebnis bis zum Geschäftsjahr 2028 über auf rund 120 Mio. Euro steigern wollen. Dieser Vorzieheffekt wiederum führte unter anderem zu einer im Vergleich niedrigen Ergebnisspanne von 30 bis 70 Mio. Euro, die wir für das noch laufende Geschäftsjahr 2024 erwarten.
Hintergrund ist, dass wir die meisten deutschen Projekte, die sich aktuell im Bau befinden bzw. für die der Financial Close geplant ist, infolge der verlängerten Projektrealisierungszeiten erwartungsgemäß erst in den Jahren 2025 und 2026 in Betrieb nehmen werden. Insofern lassen sich die daraus resultierenden Erträge erst dann umsetzen. 2024 soll der überwiegende Teil des Konzernergebnisses insbesondere aus Projektverkäufen in Großbritannien generiert werden. Ein Einflussfaktor sind hier allerdings die vermeldeten Verzögerungen beim Ausbau der überregionalen Netze in Großbritannien, die zur Verschiebung der Netzanschlusstermine und damit zu einer Verschiebung der ursprünglich geplanten Transaktionen ins nächste Geschäftsjahr führen.
„2024 soll der überwiegende Teil des Konzernergebnisses insbesondere aus Projektverkäufen in Großbritannien generiert werden“
Das vierte Quartal ist gewohntermaßen eines der dynamischsten im Projektgeschäft. Momentan haben wir noch mehrere Projekte im In- und Ausland in der Vermarktung, die wir noch in diesem Jahr abschließen wollen, sodass die zuvor erwähnte Bandbreite aus unserer Sicht nach wie vor erreichbar ist. Fest steht jedoch: Sollten im laufenden Geschäftsjahr Transaktionen nicht mehr planmäßig abgeschlossen werden können, verschieben sich die jeweiligen Ergebnisbeiträge ins nächste Jahr.
Die Komplexität dieser Geschäfte zeigt, dass wir unsere nachhaltige Wachstumsstrategie über den gesamten Zeitraum betrachten müssen und nicht ausschließlich über einzelne Jahresscheiben. Projekterfolge können sich aus den verschiedensten Gründen verzögern oder auch früher als geplant einstellen. Insgesamt ist das Geschäftsjahr 2024 ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Wachstumsstrategie 2023 bis 2028. Wir haben unsere Projektpipeline zwischenzeitlich weiter ausgebaut und an der Erweiterung unseres eigenen Parkportfolios gearbeitet, um unsere Wachstumsziele bis 2028 planmäßig zu erreichen.
Anleihen Finder: Wie groß ist der Eigenbestand an Wind- und Solarparks (Anzahl und MW) der Energiekonto AG? Welche fixen Einnahmen generieren Sie damit jährlich?
Peter Szabo: Den ersten Windpark haben wir 2002 in unseren eigenen Bestand übernommen. Seitdem erweitern wir unser eigenes Parkportfolio kontinuierlich. Mittlerweile betreiben wir 39 eigene Parks, die über eine Gesamtnennleistung von rund 400 Megawatt verfügen. Aktuell befinden sich mehr als 200 Megawatt im Bau, die die Kapazität unseres Eigenportfolios zukünftig auf mehr als 600 Megawatt erhöhen sollen. Weitere sollen folgen.
„Mittlerweile betreiben wir 39 eigene Parks, die über eine Gesamtnennleistung von rund 400 Megawatt verfügen“
Mit den Einnahmen aus der Stromerzeugung dieser Anlagen generieren wir jährlich wiederkehrende Erträge. Mit den erwirtschafteten Überschüssen decken wir alle laufenden Unternehmenskosten und die Kosten für das Projektierungssegment ab – ein sehr resilientes und nachhaltiges Prinzip, auf das wir sehr stolz sind. Im Geschäftsjahr 2023 konnten wir ein entsprechendes Segmentergebnis (EBT) von 27,8 Mio. Euro vereinnahmen. Mit der sukzessiven Inbetriebnahme weiterer eigener Parks sollen sich die Erträge kontinuierlich erhöhen.
Anleihen Finder: Wie sieht die weitere Pipeline an Wind- und Solarprojekten aus? Wie ist generell die Aufteilung von Wind- und Solarkraft in Ihrem Portfolio?
Peter Szabo: Seit der Firmengründung haben wir mehr als 160 realisierte Wind- und Solarparkprojekte mit einer Gesamtnennleistung von rund 1,4 Gigawatt entwickelt. Das entspricht einem Investitionsvolumen von mehr als 2 Mrd. Euro. Die zuletzt deutlich ausgebaute Projektpipeline (11,0 Gigawatt ohne US-Projektrechte) zeigt die künftigen Wachstumspotenziale und den möglichen Beitrag, den Energiekontor zum Ausbau der erneuerbaren Energien leisten kann. Derzeit entfallen etwa ein Drittel der Gesamtnennleistung der aktuellen Projekte in unserer Pipeline auf den Solarbereich und zwei Drittel auf den Bereich Wind an Land.
Anleihen Finder: Erneuerbaren Energien stehen derzeit durchaus wieder vor größeren Herausforderungen. Wo sehen Sie denn die größten Risken in Ihrer Branche?
Peter Szabo: Trotz der derzeit bisher starken politischen Rückendeckung für erneuerbare Energien sehen wir in der Branche einige Herausforderungen. Ein zentrales Problem sind Lieferverzögerungen, die durch verlängerte Lieferzeiten und eine eingeschränkte Verfügbarkeit wichtiger Großkomponenten, wie Windkraftanlagen, Umspannwerke und Transformatoren, verursacht werden. Diese Engpässe betreffen sowohl die Wind- als auch die Solarenergie und führen zu Verschiebungen bei der Umsetzung geplanter Projekte.
Des Weiteren kann der verzögerte Ausbau überregionaler Stromnetze, um die erzeugte Energie effizient und zuverlässig zu verteilen, ein weiteres verzögerndes Hindernis in Sachen Energiewende sein. Ein zusätzlicher nicht zu vernachlässigender Aspekt ist die nicht überall vorhandene gesellschaftliche Akzeptanz der erneuerbaren Energien. Schließlich muss auch das regulatorische Umfeld erwähnt werden. Politische Entscheidungen und gesetzliche Rahmenbedingungen können die Planungen erheblich beeinflussen und für Unsicherheiten bei langfristigen Investitionsentscheidungen in diesem Bereich sorgen. Insgesamt sehen wir uns aber dank unseres bewährten und organischen Wachstumsmodells sehr gut für die Zukunft aufgestellt. Es bewährt ich insbesondere in schwierigeren Zeiten, indem es uns finanzielle Stabilität und Sicherheit bietet.
Anleihen Finder: Worauf legen Sie operativ einen besonderen Fokus? In welchen Bereichen sehen Sie gerade großes Potential am Energiemarkt?
„Operativ legen wir einen klaren Fokus auf den Ausbau von Wind- und Solarenergie“
Peter Szabo: Operativ legen wir einen klaren Fokus auf den Ausbau von Wind- und Solarenergie. Damit kennen wir uns sehr gut aus. Jahrzehntelange Erfahrung hat uns Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen gelehrt, um zum Ziel zu gelangen. Gleichzeitig erkennen wir auch die zunehmende Bedeutung unterschiedlicher Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien wie Hybridparks, Batteriespeicher- und Wasserstofflösungen. Diese bieten enormes Potenzial, da sie den Weg zu einer klimaneutralen und bezahlbaren Energieversorgung ebnen und unsere strategische Ausrichtung ergänzen. Auch in diesem Bereich erarbeiten wir bereits für uns geeignete Lösungen in verschiedenen Kooperationen. Aktuell arbeiten wir z.B. an einem Solarpark, der künftig auch über ein Batteriespeichersystem verfügen soll, um den dort erzeugten Strom noch bedarfsgerechter ins Stromnetz einspeisen zu können.
Anleihen Finder: Herr Szabo, besten Dank.
Anleihen Finder Redaktion.
Titelfoto: Flying-Digicam; Energiekontor AG
Portrait-Foto: Peter Szabo, Energiekontor AG
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