Der Schnitzel-Crash und die Folgen – Kolumne von Peter Thilo Hasler, Analyst bei Sphene Capital GmbH
Anleihen weisen üblicherweise eine inverse Beziehung zwischen ihren Marktpreisen und dem allgemeinen Zinsniveau auf. Bieten alternative Anleihen vergleichbaren Risikos eine höhere Effektivverzinsung an als ein bestimmtes Wertpapier, wird dessen Kurs solange sinken, bis seine Rendite wieder ein mit der Peergroup vergleichbares Niveau erreicht.
Durch diese Rückkopplung wird der Kurs einer Anleihe unmittelbar von der relativen Rendite anderer Anleihen bestimmt. Wenngleich der inverse Zusammenhang zwischen Zinsniveau und Anleihekursen in der Regel stabil ist, ist das Ausmaß, in dem Anleihekurse auf Erhöhung des allgemeinen Zinsumfelds reagieren, nicht so eindeutig.
Als Daumenregel gilt, dass in einem steigenden Zinsumfeld
– variabel verzinsliche Anleihen kursstabiler sind als fest verzinsliche Anleihen;
– Anleihen mit hoher Nominalverzinsung kursstabiler sind als Anleihen mit niedrigem Kupon;
– Anleihen schlechter Bonität kursstabiler sind als Anleihen guter Bonität;
– Anleihen mit kürzerer Restlaufzeit kursstabiler sind als Anleihen mit längerer Restlaufzeit.
Gerade der zuletzt genannte Aspekt, der in der finanzwissenschaftlichen Literatur unter dem Terminus der Duration zusammengefasst wird, hat einen erheblichen Einfluss auf die Performance einer Anleihe. Die Duration, die in Jahren angegeben wird, ist ein Indiz über den erwarteten Kursrückgang einer Anleihe infolge eines Anstiegs des allgemeinen Zinsniveaus. Liegt die Duration beispielsweise bei drei Jahren, dann werden die Kurse einer Anleihe nach einem Anstieg des Marktzinses um 1% – so wie dies bei den Geldmarktsätzen in den vergangenen Wochen in Deutschland zu beobachten war – um rund 3% fallen; die Kurse von Anleihen mit einer Duration von einem Jahr werden in diesem Szenario dagegen „nur“ um 1% zurückgehen.
Bärenmarkt
In den vergangenen Wochen befanden sich die deutschen Geldmärkte in einem massiven Bärenmarkt, eine Entwicklung, die in den Medien bereits als „Schnitzel-Crash“ bezeichnet wird. Ursächlich hierfür waren Befürchtungen, die Europäische Zentralbank würde ihr massives Outright Monetary Transaction-Programm beenden, was eine Anhebung der Zinsen zur Folge hätte. Angesichts der aktuellen Asymmetrien an den Geldmärkten dürfte in der Tat ein Zinsanstieg mittelfristig wahrscheinlicher sein als ein weiterer Zinsrückgang.
Die aus Investorensicht naheliegende Frage ist, ob sich eine Umschichtung des Mittelstandsanleiheportefeuilles (noch) lohnt, etwa indem ein Anleger seine Cash-Quote erhöht oder Anleihen mit kürzerer Duration übergewichtet. Dabei ist diese Frage nicht eindeutig zu beantworten, da insbesondere die Duration-Strategie auch mit Nachteilen verbunden sein kann. Dies liegt zum einen an der Tatsache, dass die Faktoren, die die kurzfristigen Rendite beeinflussen – insbesondere also die Zinspolitik der EZB – nicht mit den Faktoren übereinstimmen, welche die langfristigen Renditen bestimmen – allen voran die Inflationserwartungen der Anleger. Bleiben die Inflationserwartungen der Anleger unverändert, könnte ein Anstieg der Geldmarktzinsen ein Abflachen der Zinskurve zur Folge haben, nicht jedoch einen Kursrückgang am langen Ende. In diesem Fall wäre eine Portfolioumschichtung nachgerade kontraproduktiv. Investoren, die statt einer Umschichtung die Cash-Quote erhöhen, wären mit noch höheren Opportunitätskosten konfrontiert, falls der erwartete Renditeanstieg dann doch nicht eintritt.
Unökonomischer Verkauf
Ein weiterer Effekt könnte sich insbesondere bei Mittelstandsanleihen bemerkbar machen: Ein durch die mögliche Anhebung der Geldmarktzinsen durch die EZB angezeigter konjunktureller Aufschwung verringert nämlich in der Regel die High Yield-Spreads, in denen sich die erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeiten der Emittenten widerspiegeln. Senkt die EZB dagegen die Zinsen am kurzfristigen Ende, was als Indiz für eine erwartete konjunkturelle Abschwächung gilt, steigen die Ausfallrisiken gerade von Emittenten mit schlechter Bonität überproportional an, was höhere Risikoprämien zur Folge hat. Die in der finanzwissenschaftlichen Literatur vielfach aufgezeigte negative Korrelation zwischen Renditen von Staatsanleihen und High Yield-Emittenten könnte einen zeitnahen Verkauf dieser Asset-Klasse unökonomisch machen.
Peter Thilo Hasler, Gründer und Analyst von Sphene Capital
Foto: tribp / flickr
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