Börsen-Unwort des Jahres 2017 ist „Bitcoin Boom“

Dienstag, 16. Januar 2018

Pressemitteilung der Börse Düsseldorf:

Börsen-Unwort 2017: „Bitcoin Boom“

„Alternative Fakten“ ist seit heute das offizielle Unwort des Jahres 2017, nachdem „Jamaika-Aus“ zum Wort des Jahres gekürt wurde. Als Börsen-Unwort des Jahres wurde „Bitcoin Boom“ von der Börse Düsseldorf für die Finanzbranche ausgewählt.

Zum inzwischen 17. Mal hat das Team der Düsseldorfer Börse mit seiner Geschäftsführung, Maklern und Händlern das Börsen-Unwort ermittelt: „Bitcoin Boom“ war im Rückblick auf das Jahr 2017 für die Börsianer der häufig zitierte Begriff, der oft ungläubiges Kopfschütteln ausgelöst hat. Auch aktuell nehmen Reizwörter wie Bitcoin, Blockchain, Krypto oder ICO in der Berichterstattung der Medien und Beiträgen sozialer Netzwerke großen Raum ein. Und manchmal wirken sie wie Zauberformeln: Allein eine entsprechende Unternehmens-Umbenennung und bloße Ankündigungen, in diesem Umfeld aktiv werden zu wollen, haben schon zu teilweise abstrusen Steigerungen im Aktienkurs geführt. Doch unter einem Boom versteht man an der Börse eher etwas anderes.

Im Wirtschaftslexikon wird der Boom als „ausgeprägte Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität“ definiert; typischerweise als Phase im Konjunkturzyklus oder bei einer Börsenhausse. „Beim sogenannten Bitcoin Boom darf eben diese wirtschaftliche Aktivität in Frage gestellt werden“, erklärt Thomas Dierkes, Geschäftsführer der Börse Düsseldorf. Während ein Anstieg der Aktienkurse regelmäßig als Konsequenz auf starkes Wachstum bei den Unternehmensgewinnen oder prognostizierten Umsatzzahlen hindeutet, ist hinter dem phänomenalen Kursanstieg des Bitcoins von über 1.000 Prozent in 2017 nur wenig Substanz erkennbar. Dierkes dazu: „Das ursprünglich digitale Zahlungsmittel ist zum reinen Spekulationsobjekt geworden, was seine Funktion als Währung stark in Frage stellt.“ Manche vergleichen den Bitcoin Boom mit der holländischen Tulpenmanie im frühen 17. Jahrhundert, als für die Blumenzwiebeln exotischer Sorten immer höhere Preise geboten wurden, was dann auch einfache Bürger in ein Spekulationsfieber versetzte.

Genau dieses Überspringen auf mit der Thematik kaum vertraute Glücksritter gilt als besonders kritisch. Mahnende Worte zum Bitcoin Boom gibt es reichlich: „Es handelt sich um höchst spekulative Vorgänge mit der Möglichkeit des Totalverlustes“, warnte Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), kurz vor Weihnachten in der Bild-Zeitung. Doch wenn genau dort im großen Stil über Börse & Co. berichtet wird und auch bisher völlig unerfahrene Normalbürger aktiv werden, wissen Börsianer, dass dem Boom ein baldiges Ende drohen kann.

Das auch an der Börse geltende Prinzip von Angebot und Nachfrage führte beim Bitcoin zu Steigerungen von rund 1.000 Dollar am Jahresanfang 2017 bis auf Höchstpreise von über 20.000 Dollar im Dezember. Auch zwischenzeitlich heftige Crash-Phasen oder Tages-Rücksetzer von 20 Prozent wirkten wohl eher reizvoll und haben immer mehr Zocker angelockt, was weiter für extreme Kursausschläge sorgt. Doch wo bei steigenden Aktienkursen fundamentale Kennzahlen die Einordnung erleichtern und auch die Realwirtschaft über Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen positive Effekte zeigt, ist die Spekulation mit Bitcoins davon weitgehend entkoppelt.

„Technisch betrachtet steckt in der beim Bitcoin zum Einsatz kommenden Blockchain-Technologie großes Potenzial, was in der Finanzindustrie bisweilen auch als Bedrohung der eigenen Geschäftsmodelle wahrgenommen wird“, erläutert Dierkes. „Einige der zahlreichen Neugründungen in diesem Umfeld werden sich auch erfolgreich etablieren können.“ Umwelttechnisch darf der immense Energieverbrauch angemahnt werden, der 2018 beim Bitcoin angeblich ähnlich viel Strom benötigen soll wie ganz Argentinien. Mit Blick insbesondere auf die privaten Anleger gilt es, die irrationalen Auswüchse und realen Risiken transparent zu machen. Keine Frage: Jeden Anleger fasziniert die Idee von schnellem Reichtum und den Wunsch beim „nächsten großen Ding“ richtig dabei zu sein. Aber wer so bescheiden ist und in Niedrigzinszeiten mit seinen Investments nur vom breiten Wachstum der Wirtschaft partizipieren will, könnte am Ende der Glücklichere sein.

Das „Börsen-Unwort“ wird seit 2001 von der Börse Düsseldorf in Anlehnung an die 1991 ins Leben gerufene sprachkritische Aktion des Germanisten Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser ermittelt.

Bisherige Börsen-Unwörter:
„Anlagenotstand“ (2016), „Zinswende“ (2015), „Guthabengebühr“ (2014), „Billiges Geld“ (2013), „Freiwilliger Schuldenschnitt“ (2012), „Euro-Gipfel“ (2011), „Euro-Rettungsschirm“ (2010), „Bad Bank“ (2009), „Leerverkauf“ (2008), „Subprime“ (2007), „Börsen-Guru“ (2006), „Heuschrecken“ (2005), „Seitwärtsbewegung“ (2004), „Bester Preis“ (2003), „Enronitis“ (2002), „Gewinnwarnung“ (2001)

Börse Düsseldorf

Foto: pixabay.com

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