Bittere Gewissheit: Werder Bremen steigt in die 2. Liga ab – Abstieg als Chance?

Dienstag, 25. Mai 2021


Was am Abend des 10. März 2021 nicht mehr für möglich gehalten wurde, ist doch noch eingetreten: der SV Werder Bremen verabschiedet sich nach 41 Jahren aus der Fußball-Bundesliga und spielt im kommenden Jahr nur noch in der 2. Bundesliga. An jenem 10. März hatten die Werderaner ein Nachholspiel beim Mitkonkurrenten Arminia Bielefeld mit 2:0 gewonnen und ihr Punktepolster auf 30 Punkte ausgebaut – 24 von 34 Partien waren bis dato absolviert. Der Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz betrug nach diesem Auswärtserfolg in Bielefeld 12 Punkte (Mainz 05 war mit 18 Punkten 17.) und der Abstand auf den Abstiegs-Relegationsplatz 16 ganze 11 Punkte (belegt vom besiegten Konkurrenten Bielefeld mit 19 Zählern). In Bremen selbst hatte aufgrund dieses Vorsprungs wohl auch niemand mehr mit einem möglichen Abstieg des SV Werder in dieser Saison gerechnet. 10 Spieltage später und nur einen Punkt mehr auf dem Konto ist der Gang in die Zweitklassigkeit nun aber bittere Gewissheit für den SV Werder Bremen.

Emission der ersten Werder-Anleihe

Dass Werder Bremen in diesen sportlich und finanziell schwierigen Zeiten seine erste Unternehmensanleihe auflegt, ist sicherlich mutig und lobenswert. Der Verein glaubt an sich und seine Marke, wie Geschäftsführer Klaus Filbry im Interview mit dem Anleihen Finder bekräftigte. Auf die finanzielle Situation und die coronabedingten Verlusten des Vereins hat die nun eingetretene Situation zunächst keinen Einfluss. Der Verein hat seine prekären Zahlen zum 30.06.2021 offengelegt und in Verbindung mit der geplanten Anleihe-Emission über die Finanzkennzahlen berichtet. Diese werden im Wertpapierprospekt der Anleihe lückenlos abgebildet. Der Abstieg in die zweite Liga bedeutet allerdings zukünftig einen Einnahmen-Rückgang von etwa 40% für die Werderaner. Dieser Rückgang soll durch Kosteneinsparungen schnell angepasst werden. So wurde beispielsweise jetzt bekannt, dass Stürmer Davie Selke aufgrund des Abstiegs nicht für 12 Mio. Euro fest verpflichtet werden muss und somit zur Hertha aus Berlin zurückkehrt. Weitere Sparmaßnahmen im Profibereich sollen folgen und wie nicht unüblich wird sich Werder von dem einen oder anderen Leistungsträger, der nicht mit in die zweite Liga gehen wird, verabschieden – im Idealfall mit ausgiebigen Transfererlösen. Um es in den Worten von Klaus Filbry zu sagen: „Werder Bremen ist 120 Jahre Fußballgeschichte mit Höhen und Tiefen. Aber über all die Zeit hat sich der kaufmännische hanseatische Weitblick bewährt.“

Ungeachtet der sportlichen Situation zieht Werder seine Anleihe-Emission also mit besagtem hanseatischen Weitblick weiter durch – nun aber mit Klarheit über die sportliche Zukunft im nächsten Jahr. Die neue fünfjährige Werder-Anleihe 2021/26 (ISIN DE000A3H3KP5) mit Laufzeit bis zum 31. Juli 2026 hat ein Emissionsvolumen von bis zu 30 Mio. Euro. Der jährliche Zinskupon wird sich aufgrund des Abstiegs wohl nun eher am oberen Ende der vorgegebenen Zinsspanne von 6,00 % bis 7,50 % einfinden. Die Zeichnungsfrist läuft noch bis zum 1. Juni 2021 (12.00 Uhr MESZ) – der finale Zinskupon dürfte nun sicherlich vorher schon festgelegt werden, um den einen oder anderen Investor zu überzeugen.

„Zinszahlungen auch in der 2. Liga gewährleistet“

Auf die Frage, ob Werder die jährlichen Zinszahlungen sowie die Rückzahlung der Anleihe in fünf Jahren auch bei durchgehender Zweitklassigkeit gewährleisten könne, sagte Geschäftsführer Klaus Filbry im Anleihen Finder-Interview Anfang Mai:Sollte Werder wirklich in der 2. Liga spielen, und zwar länger, dann würden wir die sich bietenden Kosteneinsparungen nutzen – die Antwortet lautet also ‚ja‘.“

Auch gut für Werder: Im Vorfeld des öffentlichen Angebots wurde die Anleihe bereits ausgewählten institutionellen Investoren im Rahmen einer Privatplatzierung angeboten, woraus Zeichnungszusagen im zweistelligen Mio.-Euro-Bereich resultieren.

INFO: Das Anleihe-Angebot von Werder Bremen richtet sich gleichermaßen an Privatanleger und institutionelle Investoren. Die Anleihe kann u.a. über DirectPlace, der Zeichnungsfunktionalität der Deutschen Börse, oder direkt über die Werder-Website gezeichnet werden. Die Anleihe soll voraussichtlich am 8. Juni 2021 in den Handel im Segment Quotation Board, Open Market, der Börse Frankfurt einbezogen werden.

Abstieg als Chance für Neustart

Emotional gesehen ist ein Abstieg – gerade auch nach so einer langen Bundesliga-Zugehörigkeit – ein großer und bitterer Einschnitt für die Fan-Szene und den Verein Werder Bremen. Allerdings war diese sportliche Entwicklung in den letzten Jahren nicht überraschend – in den sozialen Medien äußern viele Fans ihren Unmut mit sportlichen Entscheidungen und nennen die jetzige Entwicklung „vorhersehbar“. Dennoch – und das ist und bleibt die große Stärke eines Traditionsvereins mit deutschlandweiter Fan-Basis – schwören die Anhänger ihrem Verein weiterhin die Treue – auch in der kommenden Zweitliga-Saison, die ihrerseits weitere Chancen bietet. Denn noch nie war die Dichte an fanstarken Traditionsvereinen in einer zweiten Bundesliga so hoch wie in der kommenden Spielzeit. Sollten die pandemie-bedingten Einschränkungen für Zuschauer in den Stadien wieder „fallen“, so wird Werder im kommenden Jahr allen voran mit dem HSV und Schalke 04, aber auch mit Dynamo Dresden, Fortuna Düsseldorf, Hannover 96, Hansa Rostock, dem FC St. Pauli oder dem 1. FC Nürnberg traditionsreiche Duelle vor ausverkauftem Haus im Weserstadion haben. Und auch das mediale Interesse an dieser Zweitliga-Saison wird aufgrund der genannten Vereine und ihrer Zugkraft so hoch sein wie nie zuvor, was weitere Einnahmequellen sichern wird.

Dem SV Werder Bremen bietet sich trotz Abstieg also eine große Chance in der jetzigen Situation. Die sich anbahnende Entwicklung der letzten Jahre wurde jetzt kurz und schmerzlich vorweggenommen. In einer der interessantesten und wettbewerbsstärksten Zweitliga-Saisons der letzten Jahrzehnte kann nun aber ein Neustart beginnen – sofern der Verein die richtigen Weichen dafür stellt. Werder muss dazu die passenden Spieler binden bzw. verpflichten und einen Trainer installieren, der den sportlichen Neustart in einem neuen Liga-Umfeld bewerkstelligt. Auf Entscheidungsebene sollte Werder für neue Wege bereit sein – bislang hat Werder entscheidende Positionen meist mit eigenem Stallgeruch und Werder-Vergangenheit besetzt. Jetzt ist wohl der richtige Zeitpunkt auch auf externe Expertise zu setzen, schließlich wird das Umfeld nach 41 Jahren ein anderes sein. Werder-Fans und Investoren dürfen gespannt sein, wie sich der SV Werder Bremen für die kommende Saison aufstellt – die Marke Werder Bremen mit seinen rd. 40.000 registrierten Mitgliedern wird weiterhin Bestand haben und der direkte Wiederaufstieg in die erste Bundesliga das klar erklärte Ziel sein, denn in Bremen sollen gewiss nicht so viele Ehrenrunden in der zweiten Liga gedreht werden wie beim Erzrivalen aus Hamburg.

Anleihen Finder Redaktion.

Titelfoto: pixabay.com

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