Billi(g)ch will ich – Kolumne von Marius Hoerner, Hinkel & Cie. Vermögensverwaltung AG

Freitag, 30. Oktober 2015


Die Refinanzierungswelle rollt und viele Unternehmen, deren Anleihen in den Jahren 2016 oder 2017 fällig werden, denken aktiv über die Refinanzierung nach.

Das ist zu begrüßen, denn die Refinanzierung sollte mindestens sechs Monate vor der Fälligkeit der noch laufenden Anleihe unter Dach und Fach sein, damit es nicht am Ende zu einer bösen Überraschung kommt und man sich ohne Not auf der Gläubigerversammlung trifft.

Es fällt allerdings auf, dass viele Unternehmen glauben es wäre eine gottgegebene Selbstverständlichkeit, dass der Kupon der neuen Anleihe niedriger sein muss und die Refinanzierung somit preiswerter.

Neuer Kupon muss nicht niedriger sein

Um es bereits an dieser Stelle auf den Punkt zu bringen: Dem ist definitiv nicht so!

Ganz im Gegenteil. Wenn sich das Rating nicht verbessert hat und/oder die bestehende Anleihe größtenteils unter pari gehandelt wurde und/oder durch die Geschäftsentwicklung in den letzten Monaten unter pari gehandelt wurde und/oder aufgrund mangelhafter Investor Relations Bemühungen unter pari gehandelt wurde und/oder aus irgend einem anderen Grund unter pari gehandelt wurde, dann muss der Schuldner entweder mit ausgefeilten und strengen Anlagerichtlinien punkten und/oder tiefer in die Tasche greifen.

Das stößt aber in den meisten Fällen auf Widerstand.

Keine niedrigeren Zinskupons?

Die Argumentation ist meist identisch:

  1. 1. Die Zinsen sind doch gefallen – Ja, aber trotzdem hat sich die Anleihe nicht positiv entwickelt. Im Gegenteil, die Spreads sind auseinander gegangen. Dementsprechend, lieber Schuldner, muss mehr gezahlt werden.
  2. 2. Das rechnet sich dann aber nicht – Mag sein, aber seit wann ist der Gläubiger dafür verantwortlich, ob sich ein Geschäftsmodell rechnet? Ganz nebenbei grenzt dieses Argument im Falle einer Refinanzierung an Erpressung. Nach dem Motto: Entweder ich bekomme das Geld billiger oder ich zahle die alte Anleihe nicht zurück. Dabei wird gerne vergessen, dass das Unternehmen dann sehr schnell den Gläubigern gehören kann.
  3. 3. Bei der Bank würde ich das Geld billiger bekommen – Und warum sitzen wir dann hier? Als guter Unternehmer hat man doch kein Geld zu verschenken, oder?

Zu Punkt 3 muss man allerdings anmerken, das ein diversifiziertes Kreditportfolio durchaus Sinn macht und eine Kombination aus Bank und Anleihe sicher besser ist als nur „auf einem Bein zu stehen“. Allerdings ist mir diese Form der Argumentation bisher nur bei den Unternehmen vorgekommen, deren Refinanzierung ein sogenannter „Selbstläufer“ ist.

Aktuell gibt es mehrere Fälle bei denen die alte Anleihe unter pari handelt und die neue mit einem niedrigeren Kupon emittiert werden soll.

Wir lehnen das grundsätzlich strikt ab und beteiligen uns nicht an der Refinanzierung. Was wir jedoch tun, ist uns diese Unternehmen genau anzusehen und eine Prognose zu erstellen, ob die alte Anleihe zurückgezahlt werden kann, wenn von der neuen Anleihe mindestens XX Prozent platziert werden.

Kommen wir zu einem positiven Ergebnis, kaufen wir die alte Anleihe. Der Lohn ist in der Regel eine Rendite von > 8,00 Prozent für eine Restlaufzeit von < 12 Monate.

Kurs-Argument

Es gibt auch Fälle in denen die Anleihe durchweg über pari gehandelt hat. In dem Fall ist es für den Schuldner recht einfach einen kleineren Kupon anzubieten. Das Kurs-Argument gilt als „unschlagbar“. Auch das sehen wir anders. Entscheidend sind unseres Erachtens die Alternativen.

  1. 1. Bekomme ich bei vergleichbarem Risiko mehr Zinsen bei einem anderen Schuldner?
  2. 2. Warum bekomme ich da mehr Zinsen?

Auf diese Fragen muss der Anleger Antworten finden. Das ist nicht immer ganz einfach aber wichtig, denn ein Prozent mehr kann viel sein … viel Geld oder viel Risiko.

Marius Hoerner, Portfolio Manager
Hinkel & Cie. Vermögensverwaltung AG

Foto: BX_Orange / flickr

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