Armer Anleger – positive Rendite in einem Negativzinsumfeld?! Grüße aus „Absurdistan“ – Kolumne von Thilo Müller

Freitag, 22. Juli 2016


Endlich ist es geschafft! In Absurdistan herrschen traumhafte Zustände für Schuldner: Man leiht sich Geld und als Dank bekommt man noch Geld hinzu! Die Hochburg von Absurdistan ist Deutschland, Sitz der EZB und des deutschen Finanzministeriums.

Der absurde Kampf der EZB, bei fallenden Energie- und insbesondere Ölpreisen eine Inflationsmarke von 2% erreichen zu wollen, treibt bei einer vom Rettungswahn geprägten Geldpolitik historisch einmalige seltsame Blüten – negative Zinsen!

Was anfangs gut gemeint war – nämlich die Rettung des Euros, die EZB war als alleinige europäische Institution handlungsfähig, die Politik bis heute noch komplett unfähig – verkehrt sich nun ins Gegenteil: Sparer werden bestraft, Pensionskassen, Versorgungswerke und der Bankensektor in die Knie gezwungen. Größter Profiteur in Absurdistan ist der deutsche Finanzminister: Der deutsche Staat verdient Geld bei der Aufnahme von Schulden. Im Juni 2016 waren diesbezüglich weitere Meilensteine erreicht. Die Umlaufrendite (die Durchschnittsrendite aller öffentlicher Anleihen) drehte erstmals in der Historie in den negativen Bereich, kurz darauf auch die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen.

„Schöne neue Zinswelt“

Das ist die neue Zinswelt im Euroraum, die ich mit Absurdistan beschrieben habe. Man kann sich nun über die EZB aufregen, sie hat aber nun mal tiefere Taschen und einen längeren Atem als man das für möglich hält.

Was kann der Anleger tun, um in diesem Umfeld auf einen grünen Zweig bzw. positive Renditen zu bekommen? Auf alle Fälle kann man nicht zu 100% in den „sicheren Hafen“ Bundesanleihen investieren. Dann bekommt man nicht nur renditeloses Risiko, sondern mittlerweile sogar planmäßige Verluste.

Es bleibt einem Anleger also nichts anderes übrig, als verstärkt ins Risiko zu gehen.

Anleger muss ins Risiko

Zu einem stabilen (aber auch zinsarmen) Basisportfolio von Unternehmensanleihen kann man diverse Risiken in homöopathischen Dosen hinzunehmen: Ein wenig Bonitätsrisiko (z.B. auch Nachranganleihen und Anleihen ohne Rating), ein wenig Liquiditätsrisiko, ein wenig Derivateprämien vereinnahmen, ein wenig Fremdwährungen beimischen, ein wenig Aktienmarktrisiko (z.B. Wandelanleihen)… Vielleicht aber auch doch mal eine Mittelstandsanleihe. In diesem Segment ist zwar „viel den Bach runtergegangen“, aber die eine oder andere attraktive Investmentmöglichkeit ist noch übriggeblieben. Wenn man als Anleger und Sparer etwas Risiko aushalten kann, ermöglicht die dadurch gewonnene Flexibilität zumindest die Chance auf Renditen (nach Kosten) oberhalb der Null-Linie. Für die Anleger in unserem Rentenfonds versuchen wir, mit dieser Strategie erfolgreich zu sein und im Zinstal zu überwintern. Dieser „Zinswinter“ wird allerdings noch einige Jahre dauern.

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„Aktien? – Nein, danke“

Was in Absurdistan übrigens auch auffällig ist: Alle Assetpreise steigen – Wohnimmobilien, Gewerbeimmobilien, Staatsanleihen, Gold, Silber, Kunst, alte Autos („Oldtimer“), Wein – nur Aktien nicht!

Hartgesottene Anleger und Sparer könnten zum Investor werden und doch den Aktienmarkt entdecken… aber nein: Sonderangebote am Aktienmarkt sind „verdächtig“ und werden vom Deutschen Sparer umso kritischer beäugt, je billiger sie sind. Betrachten Sie sich doch mal eine Daimler-Aktie: Kurs-Buchwertverhältnis von 1,1, ein Kurs-Gewinnverhältnis von 7 und eine Dividendenrendite von 5,6%! Ist das nicht „widerlich billig“? Und das noch bei steigenden Absatzzahlen – im ersten Halbjahr 2016 erreichte der PKW-Absatz bei Daimler bei einem Plus von über 11% einen neuen historischen Absatzrekord. Da zahlt man doch lieber Negativzinsen auf sein „sauber Erspartes“ oder kauft für nächste Generationen lieber überbewertetes Betongold…

Was mir da noch einfällt, wenn ich an die EZB und ihre absurde „Inflationserreichungspolitik“ denke: Ich habe immer noch niemanden gefunden, der an der Tankstelle in eine Depression verfallen ist, weil er anstatt 80 Euro an der Kasse nur 55 Euro für einmal Volltanken bezahlt hat. Oder kennen Sie jemanden?

Thilo Müller,
Geschäftsführender Gesellschafter der MB Fund Advisory GmbH

Thilo Mueller MB Fund Advisory

Zum Autor:

Thilo Müller ist seit mehr als 10 Jahren gemeinsam mit Armin Stahl und Markus Stillger geschäftsführender Gesellschafter der MB Fund Advisory GmbH, die vier Publikumsfonds mit einem Gesamtvolumen von über 140 Millionen Euro bei der Haug & Aufhäuser Investmentgesellschaft (HAIG) berät. Dazu gehört u.a. der HAIG MB Flex Plus, der in der Kategorie „Renten Euro“ geführt wird. Bei seinen früheren Tätigkeiten für die BHF-Bank, Consors und einer Landesbank war er für die Beratung institutioneller Investoren auf der Aktienseite zuständig.

Titelfoto: Casey Hugelfink / flickr.com
Foto: Chris Potter / flickr.com
Portraitfoto: Thilo Müller, MB Fund Advisory GmbH

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