Anleihen-Kolumne: Wie hängt die Entwicklung europäischer Staatsanleihen mit Minibonds zusammen?

Mittwoch, 20. Februar 2019


Kolumne des Asset Management Teams der Steubing AG:

Mittlerweile ist es auch zu den letzten Zinsoptimisten durchgedrungen: So gut wie Niemand glaubt mehr an eine Leitzinserhöhung der EZB in diesem Jahr. Die Märkte werden momentan durchgeschüttelt – keiner spricht mehr von einem guten europäischen Wachstum. Selbst für die Lokomotive Deutschland wird ein Wert von knapp über 1 % prognostiziert und man muss kein gallischer Seher sein, um zu erkennen, dass auch diese Annahme auf tönernen Füßen steht. Im letzten Quartal 2018 gab es in Deutschland ein Nullwachstum. Mal sehen, wie es weiter geht.

In Großbritannien sollte man hoffen, dass nach dem Brexit für die anderen europäischen Staaten nicht zu große nicht heilbare Wunden entstehen. Sonst könnte es für das stolze Albion richtig übel werden. Italien ist in der zweiten Jahreshälfte 2018 in die Rezession gerutscht. Dennoch will die italienische Regierung weiterhin an ihrer Verschuldungspolitik festhalten. Staatliche Interventionen im Bankensektor werden gegen europäische Absprachen weiter durchgeführt. Übrigens: Mario Draghi unserem EZB Präsidenten sei Dank. Als Gouverneur der italienischen Notenbank hat er sich dafür ausgesprochen, dass viele Kleinanleger ihre Altersvorsorge in Aktien von italienischen Banken investiert haben. Wenn also heute erst das Eigenkapital zur Rettung von italienischen Banken heranziehen würde, wären direkt viele Wähler betroffen. Möglicherweise würde dies die separatistischen Bestrebungen einzelner politischen Gruppierungen noch weiter unterstützen.

Dennoch sind die Auswirkungen für europäische Staatsanleihen fast unüberschaubar. Italien steht kurz vor einem Junk-Rating. Wenn dies geschieht, dann müssen sich große internationale Staatsfonds, Banken im Depot A Bereich und auch große Pensionskassen von diesen Papieren trennen. Die EZB hat zwar im Sommer letzten Jahres versprochen keine weiteren Staatsanleihen zu kaufen, kann aber fällig werdende Gelder wieder neu investieren. Um Italien nicht noch weiter zu destabilisieren, wird die EZB – so unsere Prognose – sich mit italienischen Staatsanleihen noch weiter vollpumpen. Ein unglückliches Perpetuum Mobile. Gleichzeitig wird die Rendite für deutsche Staatsanleihen noch niedriger.

Wie hängt die Entwicklung europäischer Staatsanleihen mit Minibonds zusammen?

Heißt das dann dementsprechend auch, dass die Kupons der KMU-Anleihen sinken? Können sich Emittenten jetzt freuen? Es kommt immer ganz auf die Betrachtungsweise an: Leider nein – Glücklicherweise nein.

Leider nein: Minibonds sind einfach zu klein, als dass größere Fonds darin investieren dürfen. Laut den Statuten dürfen viele Asset Manager unter 10% eines Einzeltitels bleiben. Das hieße häufig unter 2,5 Millionen Euro. Dafür lohnt sich kein Research. Kleinere institutionelle Investoren sind mittlerweile in ihren Büchern ans Limit gekommen und können nur noch vereinzelt investieren. Insofern ist auch dieser Investorenkreis kompliziert. Emittenten müssen sich auch zukünftig strecken, um eine Platzierung vornehmen zu können.

Glücklicherweise Nein: Minibonds bieten zumeist keine Sicherheit und haben ein deutlich höheres Ausfallrisiko. Außerdem ist häufig der Wunsch nach Fremdkapitalaufnahme dem geschuldet, dass der Unternehmer und Eigentümer bei einer eigentlich risikobezogenen sinnvolleren Eigenkapitalaufnahme glaubt, seine unternehmerische Freiheit zu verlieren. Deswegen muss zumindest über einen ordentlichen Kupon sicher gestellt werden, dass das emittierende Unternehmen nicht einfach nur mit dem Markt schwimmt. Dies konnten wir bis ins Jahr 2014 hinein beobachten.

Kurz und prägnant: Wie hängt also die Entwicklung europäischer Staatsanleihen mit Minibonds zusammen? So gut wie gar nicht.

Asset Management Team der Steubing AG

Foto: pixabay.com

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