Scholz AG: Alles andere als Schrott

Dienstag, 6. März 2012

Die Scholz AG mit Hauptsitz im Baden-Württembergischen Esslingen gehört zu den weltweit führenden Unternehmen für das Recycling von Stahlschrott und Buntmetall. Mit 7.500 Mitarbeitern an 500 Standorten rund um den Globus setzt die Firmengruppe jährlich etwa 10,5 Millionen Tonnen Material um. Jetzt hat das Familienunternehmen erstmals und sehr erfolgreich eine Anleihe begeben. 150 Millionen Euro hat die Scholz AG in nur einem Tag eingesammelt und will diese nun über die Laufzeit von fünf Jahren mit 8,5% p. a. verzinsen. 

Anleihen Finder sprach mit Oliver Scholz, Vorstandsmitglied und einer der Hauptgesellschafter der Scholz AG, über die Lage des Unternehmens und die Hintergründe der Anleiheemission. 

Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Scholz, die Scholz Gruppe ist nach eigener Darstellung eines der führenden Unternehmen im Recycling von Eisen- und Metallschrotten. Können Sie einem Laien bitte kurz den Wertschöpfungsprozess Ihres Unternehmens an einem Beispiel beschreiben? Wie kommen Sie zu Ihren Rohstoffen, was passiert damit und wer sind typischerweise die Abnehmer Ihrer Produkte?

Oliver Scholz: Die Scholz Gruppe ist mit rund 500 Sammel- und Aufbereitungsplätzen für Eisen und Nichteisenschrotte in über 20 Ländern weltweit vertreten. Dies soll uns den weltweiten Zugriffauf Recyclingmaterial bei gleichzeitiger Kundennähe garantieren. Das Geschäft umfasst die Sammlung, Lagerung, Sortierung, Aufbereitung und Verwertung sowie den Handel mit diesen Rohstoffen. Gemessen an Umsatz und Tonnage ist das Segment Eisen- und Nichteisenmetalle unser größter Geschäftsbereich.
Der Recyclingprozess der Scholz Gruppe zeichnet sich durch innovative Aufbereitungssysteme aus. Das von uns bereitgestellte Material findet seinen Einsatz in der Stahlbzw. Metallproduktion der mittelständischen und internationalen Stahl- bzw. Metallschmelzindustrie. Der Schrottanteil beispielsweise im Stahlproduktionsprozess beträgt in Deutschland derzeit rund 38% mit steigender Tendenz. 

Anleihen Finder: Was unterscheidet die Scholz AG von ihren Wettbewerbern? Wo liegen strategische oder technologische Wettbewerbsvorteile?

Oliver Scholz: Die Scholz Gruppe zählt zu den wenigen Recyclingunternehmen im Bereich Fe/NE-(Eisen/ Nicht- Eisen) Schrotte, die über ein internationales Netzwerk von Sammel und Aufbereitungsplätzen verfügen. Dies soll der Gruppe den Zugriff auf die lokalen Schrottvorkommen sichern. Aufgrund des internationalen Netzwerkes sowie unserer Größe können wir weltweit alle wichtigen Stahl und Metallschmelzwerke beliefern. Darüber hinaus sehen wir uns als Technologieführer und setzen Standards im Recycling und erreichen beispielsweise eine Wiedergewinnungsquote von über 94 % in der Verwertung von Altfahrzeugen. Dies ist nicht zuletzt Ausfluss unserer 32 Shredderanlagen, die wir weltweit betreiben.

Anleihen Finder: Auf die verschiedenen Aktivitäten der Gruppe blickend, ergibt sichdie Frage, was den Löwenanteil Ihres Geschäfts ausmacht. Was sind die Umsatzbringer und wo erzielen Sie gute Margen?

Oliver Scholz: Mit einem Umsatzanteil von rund 89 % ist der Bereich Eisen und Nichteisen-Schrotte der mit Abstand wichtigste Geschäftsbereich der Gruppe und somit auch Hauptertragsbringer. Das internationale Standortnetzwerk der Gruppe ist sicherlich von Vorteil, um Preisunterschiede auf der Absatzseite in verschiedenen Märkten optimal für die Gruppe nutzen zu können. Der gute Zugriff auf die Sekundärrohstoffe auf der Einkaufsseite sorgt nach meiner Einschätzung für einen konstanten Materialfluss und damit stabile Roherträge.

Anleihen Finder: Als Recyclingunternehmen für Industriemetalle sind sie ein bedeutsamer Rohstofflieferant für viele Branchen. Wie sehen Sie die Nachfrage- und Preisentwicklung nach den von Ihnen produzierten Rohstoffen? Wie würde sich eine Abkühlung beispielsweise des chinesischen Appetits auf Industriemetalle auf die Scholz Gruppe auswirken?

Oliver Scholz: Die weltweit produzierte Rohstahlmenge ist abgesehen von dem Jahr der Weltwirtschaftskrise 2009 stetig gewachsen, wobei auch in diesem Jahr die Produktionsmenge in China von dem Rückgang nicht betroffen war. Mit Blick auf den Nachholbedarf der Emerging Markets (vorwiegend der BRIC-Staaten) sowie dem anhaltenden Anstieg der Weltbevölkerung gehen wir davon aus, dass langfristig die jährlich produzierte Rohstahlmenge weiter ansteigen wird. Dieser langfristige Trend wirkt sich positiv auf die Recyclingindustrie aus. Stahlschrott ist neben dem Primärrohstoff Eisenerz der wichtigste Rohstoff in der Stahlindustrie. Stahl kann ohne Qualitätsverlust vollständig und beliebig oft recycelt werden. Das Gleiche trifft auf den Bereich Nichteisen-Metalle zu. Bereits heute werden in Deutschland rund 45% recyceltes Material im Stahlproduktionsprozess eingesetzt – weltweit kommen rund 38% zum Einsatz und dies mit steigender Tendenz. Darüber hinaus profitiert die Recyclingindustrie durch die Energieeffizienz sowie die Ressourcenschonung im Stahlerzeugungsprozess mit Schrotten. Eine Tonne Stahl, die aus Schrott erzeugt wird, spart etwa 1,5 Tonnen Eisenerz, 0,65 Tonnen Kohle, 0,3 Tonnen Kalkstein und vermeidet rund eine Tonne CO2- Ausstoß. Die Werte sind im Bereich der Nichteisen-Metalle teilweise noch besser.
Natürlich kommt es immer wieder zu kurzfristigen Marktschwankungen. Dennoch sprechen die zuvor genannten langfristigen Trends für ein stabiles und nachhaltiges Wachstum – wir sehen hier auf lange Sicht keine wesentlichen Beeinträchtigungen. Der chinesische Markt ist sicherlich der weltweit größte Stahl- und Kupfermarkt, der Absatzanteil von Scholz in diesem Markt ist in den letzten Jahren stetig gewachsen, liegt allerdings noch deutlich im einstelligen Prozentbereich. Unsere Absätze sind über diverse Länder und Regionen gestreut.

 Anleihen Finder: Die Entwicklung der Rohstoffpreise hat sich in den letzten Jahren zunehmend volatil gezeigt – vermutlich auch für Ihr Unternehmen immer wieder eine Herausforderung. Wie sichern Sie sich gegen Preisschwakungen ab – können Sie uns einen Einblick in Ihre Hedgingstrategie gewähren?

Oliver Scholz: In allen drei finanziellen Risikobereichen (Zinsen, Währungen und Commodities) haben wir unser Risikomanagement in den letzten Jahren professionalisiert und an die gestiegenen Volatilitäten angepasst. Sowerden Waren z.B. in Osteuropa in lokalen Währungen eingekauft und in EUR oder USD verkauft. Deshalb gilt es, die entsprechenden Finanzströme akkurat zu erfassen, um entstehende Währungsrisiken zum richtigen Zeitpunkt und im richtigen Volumen abzusichern (meist über Devisentermingeschäfte mit unseren Bankpartnern). Warenpreisschwankungen werden, sofern für das jeweilige Material möglich, in der Regel über Warentermingeschäfte direkt an der London Metal Exchange abgesichert. Dies ist zum Beispiel bei den sortenreinen Aluminium-, Kupfer- oder Nickelschrotten gut möglich. Zinsrisiken werden über standardisierte Zinssicherungsgeschäfte insbesondere für die Finanzierung des Sachanlagevermögens reduziert. Das Risikomanagement ist bei Scholz sehr straff organisiert und auf ausgewählte Personen konzentriert. Darüber hinaus haben wir eigens für den Bereich der Commodities ein spezielles, von den operativen Bereichen unabhängiges Commodity Risk Committee eingerichtet, über das die Hedging-Strategie festgelegt wird. Hierdurch wollen wir eine effiziente, übersichtliche und sichere Risikomanagementstruktur gewährleisten.

Anleihen Finder: Der Blick in Ihre Zahlen zeigt – nach einem erwartungsgemäß schwierigen Jahr 2009 – für die Jahre 2010 und per November 2011 ein operativ solides Bild. Das EBITDA per Ende November 2011 entsprach mit rund EUR 238 Mio. in etwa dem Dreifachen der Zinslast von EUR 82 Mio. Die Zahlung des Kupons sollte also eher unproblematisch sein. Stehen darüber hinaus kurzfristig größere Cash-Abflüsse aus Tilgungszahlungen an und wie ist die Fristenstruktur der bestehenden Kreditverbindlichkeiten?

Oliver Scholz: Die Finanzierungsstruktur der Scholz Gruppe ist im Wesentlichen geprägt durch einen Konsortialkredit über rund EUR 822 Mio. (per 30. Sept. 2011) der durch ein europäisches Bankenkonsortium bereitgestellt wird und eine Laufzeit bis 31.12.2013 aufweist. Daneben zählen zu den wesentlichen Finanzierungsbausteinen auch diverse Schuldscheindarlehen in Höhe von insgesamt EUR 157,3 Mio., die sukzessive innerhalb der nächsten 3 Jahre auslaufen. Diese Finanzierungsbausteine werden regelmäßig bedient und über operativen Cash Flow oder aber die Aufnahme neuer  Finanzierungsinstrumente refinanziert. Selbstverständlich nehmen wir anstehende Refinanzierungen wie seit vielen Jahren gezeigt, sehr frühzeitig in Angriff. Auch hier zeigt die lange Historie des Unternehmens, dass wir stets in der Lage waren, unsere Kreditverbindlichkeiten zu bedienen und/oder zu refinanzieren.

Anleihen Finder: Die Eigenkapitalausstattung der Gruppe scheint mit gut 17% Eigenkapitalquote per November 2011 eher niedrig. Wie steht die Scholz- Gruppe diesbezüglich im Branchenvergleich da und liegen hier stichtagsbezogene Verzerrungen vor? Gibt es eventuell Pläne, diese Quote in den nächsten Jahren zu verbessern und falls ja, was sind die Zielbeträge?

Oliver Scholz: Die Scholz Gruppe ist im Kern ein Handelsunternehmen, für das grundsätzlich geringere Eigenkapitalerfordernisse bestehen als bei einem Produktionsunternehmen. Hintergrund hierfür ist die Assetstruktur, die zu einem hohen Teil aus nach unserer Einschätzung sehr liquiden kurzfristigen Vermögensgegenständen (insb. Forderungen und Vorräte) besteht. Im internationalen Commodity Geschäft ist es üblich, solcheAssets auch über entsprechende kurzfristige Bankkreditlinien zu finanzieren. Nichtsdestotrotz sind wir bestrebt, die EK-Quote weiter durch Gewinnthesaurierungen sowie die Optimierung von Bilanzpositionen zu verbessern. Die Verbesserung der Kapitalstruktur ist ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie und nicht zuletzt mit ein Grund für die Begebung dieser Anleihe, um unsere Aktiva möglichst fristenkongruent zu finanzieren.

Anleihen Finder: Nach unserem Verständnis unterliegt die Anleihe-Emission österreichischem Recht, der Prospekt wurde jedoch von der Commission de Surveillance du Secteur Financier („CSSF“) des Großherzogtums Luxemburg gebilligt und final wird Ihre Anleihe in Wien und im Frankfurter Entry Standard zum Handel zugelassen werden. Welchen Hintergrund hat diese – für ein deutsches Unternehmen eher ungewöhnliche – Konstruktion? Was war insbesondere das Argument, die BaFin nicht zu involvieren?

Oliver Scholz: Die Anleihe wurde sowohl in Deutschland, Österreich als auch Luxemburg platziert. Österreich ist mit einem Umsatzanteil von 8,1% einer der wichtigsten Märkte für uns. 2010 erwirtschaftete die Scholz Gruppe in Österreich an 16 Standorten mit rund 1,1 Mio. Tonnen einen Umsatz von 366 Mio. Euro. Wir haben seit Jahren sehr enge Geschäftsbeziehungen zu den österreichischen Stahlwerken, die teilweise auch Mitinhaber unserer österreichischen Tochtergesellschaften sind. Zudem sehen wir die Börse Wien als Drehscheibe für die Region Osteuropa, in der wir ebenfalls zu den Marktführern zählen. Die Erste Bank und die RBI zählen darüber hinaus seit Jahren zu unseren Kernbanken, daher war es für uns ein logischer Schritt, die Anleihe auch auf diesem wichtigen Markt zuplatzieren. Der Wertpapierprospekt wurde im ersten Schritt durch die CSSF gebilligt und direkt danach durch die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) und die deutsche BaFin notifiziert. Die Anforderungen an einen Wertpapierprospekt sind in allen Ländern innerhalb der EU sehr hoch. Viele Anleiheemissionen werden heutzutage in mehreren Ländern platziert, weshalb solche Notifizierungsprozesse absoluter Standard sind. Der Prozess mit der Luxemburger CSSF wurde deshalb auch von renommierten Anwaltskanzleien in Deutschland und Österreich begleitet, um den jeweiligen lokalen Besonderheiten Rechnung zu tragen.

Anleihen Finder: Die Scholz AG hat bei Eintreten eines „Steuerereignisses“ das Recht, die Anleihe vorzeitig zu kündigen. Was ist hierunter zu verstehen und was war die Motivation dieser Klausel?

Oliver Scholz: Dies ist eine absolute Standard- Klausel, die nach unserem Kenntnisstand heutzutage fast alle Anleiheemissionen aufweisen und ist somit kein Spezifikum der Scholz Anleihe. Hintergrund ist, dass sich Unternehmen grundsätzlich das Recht einräumen lassen möchten, bei einer Änderung der Gesetzeslageund negativer Implikation für die Besteuerung der Anleihemittel, die Anleihe vorzeitig zurückzuführen. Allerdings schätze ich die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Szenario eintreten wird, für äußerst gering ein.

Anleihen Finder: Können Sie uns bitte noch kurz die jeweiligen Aufgaben der Bookrunner und der Joint Lead Manager nennen?

Oliver Scholz: Im Emissionsprozess werden wir durch die Erste Group Bank AG sowie die Raiffeisen Bank International AG unterstützt, die vorwiegend den Österreichischen Markt versorgen. Darüber hinaus werden wir durch die Close Brothers Seydler Bank AG sowie die Berenberg Bank in Deutschland sowie weiteren europäischen Ländern begleitet.

Anleihen Finder: Bitte erlauben Sie uns zum Abschluss noch eine ratingspezifische Frage: Weshalb haben Sie sich gegen eine externe Risikobeurteilung Ihrer Emission durch eine Ratingagentur entschieden?

Oliver Scholz: Wir haben unser Unternehmen einer sehr umfangreichen externen Prüfung durch eine Ratingagentur unterzogen. Die Scholz Gruppe verfügt über ein Euler Hermes Rating mit der Bewertung BB und stabilem Ausblick. Euler Hermes hat sich aus unserer Sicht in den letzten Jahren ein sehr hohes Renommee bei der Bonitätsbeurteilung von Unternehmen erarbeitet und ergänzt damit die bislang stark angelsächsisch geprägte Ratingwelt. Die Euler Hermes Rating GmbH wurde nach einem intensiven Prüfungsprozess durch die BaFin in Zusammenarbeit mit dem „Committee of European Securities Regulators“ (CESR), dem Vorgänger der European Securities and Markets Authority (ESMA), als erste Credit Rating Agency (CRA) in Europa registriert und erfüllt damit die neuen, strengen Richtlinien, die seit September 2010 für alle in Europa tätigen Ratingagenturen gelten. Darüber hinaus wurde die Euler Hermes Rating GmbH durch die BaFin als External Credit Assessment Institute (ECAI) anerkannt. Damit können neben institutionellen Investoren auch Banken die Ratings der Agentur zur Erfüllung ihrer Eigenkapitalanforderungen nutzen.

Anleihen Finder: Vielen Dank für das sehr offene Gespräch. 

Anleihen Finder Redaktion

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