Prokon-Pleite: Reguläres Insolvenzverfahren soll kurz bevorstehen – Was sollten Prokon-Gläubiger jetzt tun? – Antworten von Jürgen Kurz, Pressesprecher der DSW – Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.

Mittwoch, 30. April 2014
Prokon-Pleite: Reguläres Insolvenzverfahren soll kurz bevorstehen – Was sollten Prokon-Gläubiger jetzt tun? – Antworten von Jürgen Kurz, Pressesprecher der DSW – Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.


Anleihen Finder Redaktion:
Inwieweit gehen Sie davon aus, dass im Fall Prokon das vorläufige Insolvenzverfahren Anfang Mai dieses Jahres in ein reguläres Insolvenzverfahren übergehen wird?

Jürgen Kurz: Im Moment ist das noch schwer zu sagen. Das letzte Wort hat hier das zuständige Insolvenzgericht Itzehoe. Trotzdem verdichten sich die Zeichen, dass das reguläre Insolvenzverfahren kommt. Die Rechtsmeinung des Unternehmens, dass die Anleger, die ihre Genussscheine gekündigt haben, kein Recht auf Aufzahlung haben, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht durchsetzen. Und spätestens dann ist die reguläre Insolvenz unvermeidlich.

Anleihen Finder Redaktion: Inwiefern ist der Übergang in eine „richtige Insolvenz“ Ihrer Meinung nach eine „entscheidende Weichenstellung“ für die Prokon-Gläubiger?

Jürgen Kurz: Bisher ist noch kein Geld geflossen. Auch nicht an die Investoren, die ihre Genussscheine gekündigt haben. Mit dem Beginn der regulären Insolvenz wird das Unternehmen aber um Zahlungen nicht mehr herumkommen. Jetzt werden alle Genussscheinbesitzer ihre Forderungen anmelden – das ändert die Ausgangslage gewaltig. Hinzu kommt die Besonderheit der Nachrangigkeit der Genussscheine. Sie werden erst bedient, wenn alle anderen Gläubiger ihr Geld haben. Nun gibt es bei Prokon dem vernehmen nach kaum Bankschulden oder andere vorrangige Forderungen. Wer es also schafft, einen Weg zu finden,  seine Genussscheinforderungen im Rang nach vorne zu bringen, hat deutlich bessere Karten, auf eine Rückzahlung seines Kapitals.

Anleihen Finder Redaktion: Was sollten Prokon-Gläubiger jetzt konkret tun?

Jürgen Kurz: Für Anleger ist es jetzt wichtig, sich so umfassend über das fortlaufende Verfahren zu informieren, wie möglich. Sie müssen im Zweifel schnell handeln. Denn eins ist klar: Das Rennen um den Weg zur „Rangverbesserung“ hat gerade eben erst begonnen.

Anleihen Finder Redaktion: Nico Arfmann, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Arfmann & Berger Rechtsanwälte in Karlsruhe, weist darauf hin, dass „Anleger des insolventen Windkraftspezialisten und Stromanbieters Prokon gegebenenfalls ihren Anlageberater auf Schadensersatz in Anspruch nehmen könnten, wenn er Genussrechte von Prokon als Anlageprodukt empfohlen habe.“ Hierbei können laut Rechtsanwalt Nico Arfmann ein Ansatzpunkt das „Verschweigen möglicher Risiken sein, die mit der Zeichnung der Genussrechte verbunden waren.“ Vorteil der Inanspruchnahme des Anlageberaters sei laut Arfmann: „Da er in der Regel nicht auch Insolvenz beantragt haben dürfte, ist die Chance relativ gut, tatsächlich Geld zurückzubekommen. Zudem kommt für den entstandenen Schaden die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung des Beraters auf, die dieser im Regelfall abgeschlossen hat.“ Inwiefern können Sie sich der Deutung von Rechtsanwalt Arfmann anschließen?

Jürgen Kurz: Grundsätzlich ist der Weg über die sogenannte „fehlerhafte Anlageberatung“ in solchen Fällen durchaus möglich. Im Fall Prokon gibt es allerdings einige Besonderheiten: So hat die Gesellschaft große Teile der Genussscheine per Direktvertrieb an die Anleger verkauft. Eventuell zu belangende freie Finanzberater hat es also in den meisten Fällen nicht gegeben. Hinzu kommt, dass wir uns hier im Bereich der „grauen Marktes“ bewegen, der deutlich weniger reguliert ist als der sogenannte „weiße Markt“, also der Vertrieb von Anlageprodukten etwa durch Banken. So werden freie Berater, die hochriskante Graumarkt-Produkte verkaufen, nicht von der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht BaFin sondern von den jeweiligen Gewerbeaufsichtsämtern überwacht. Immerhin müssen die Berater mittlerweile ihre Kundengespräche protokollieren und über Provisionszahlungen Auskunft geben.

Anleihen Finder Redaktion: Herr Kurz, vielen Dank für das Gespräch!

Kurzvita von Jürgen Kurz

Der Diplom-Volkswirt Jürgen Kurz startete seine berufliche Karriere 1992 als Pressereferent der BfG Bank AG in Frankfurt. Bereits 1999 wechselte er als Pressesprecher zur DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz) und baute dort den Bereich „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ auf. Nach Stationen  als Leiter Unternehmenskommunikation einer Großkanzlei sowie Director Corporate Communication einer Düsseldorfer PR-Agentur ist er seit Oktober 2011 wieder als DSW-Pressesprecher tätig.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: DSW – Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.

Anleihen Finder Datenbank:

PROKON Regenerative Energien Tranche III 2010/2016

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