Mittelstandsanleihen in 2012: Der Markt ist reif geworden

Donnerstag, 13. Dezember 2012


Der Markt für mittelständische Unternehmensanleihen hat in 2012 stark an Volumen zugenommen: Bis heute wurden mehr als 50 neue Emissionen in Höhe von über EUR 1,7 Milliarden in der Anleihen Finder Datenbank neu registriert. Viel spannender als der quantitative Zuwachs des Marktes waren jedoch die Veränderungen in seiner Qualität: der Transparenz und der Infrastruktur. Die Anleihen Finder Redaktion zieht ein Resümee
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Für den Markt der mittelständischen Unternehmensanleihen fiel der Start in das Jahr 2012 recht frostig aus. Aufgrund der unterkühlten Investitionsstimmung traute sich kaum ein Emittent, den Schritt aus der Deckung zu tun. Erst im März wagte sich die Scholz AG schließlich mit ihrer Anleihe an den Markt und wurde prompt belohnt: Innerhalb nur eines Tages platzierte der Zulieferer der Stahlindustrie stolze EUR 150 Mio. Auf den verunsicherten Mittelstand wirkte dies wie ein Startschuss: In den nächsten Wochen folgte eine Emission auf die andere, darunter der Textilkontor Walter Seidensticker, die Golfino AG, die erste Anleihe der Ekosem Agrar AG, KTM Power Sports und der Lebensmittelspezialist Zamek, um nur einige zu nennen. Die meisten Emittenten konnten sich über eine gute Nachfrage und eine schnelle Platzierung freuen.

Diese Pace hielt der Markt eine Weile durch, bis das Sommerloch in Juli und August die rege Emissionstätigkeit deutlich abbremste. Dafür kamen dann jedoch allein im September 11 Neuemissionen  heraus und läuteten einen heißen Anleihen-Herbst ein.

„Die Emissionstätigkeit der Unternehmen hängt stark vom Kapitalmarkt ab“, erläutert Sabine Traub, Leiterin Primärmarkt der Börse Stuttgart, das auf und ab des Marktes. „Anders ausgedrückt: Emittenten wie Investoren müssen sich damit auseinandersetzen, dass es offene und geschlossene Zeitfenster geben wird.“

Ausfälle bei den Erneuerbaren Energien

Das Jahr 2012 bescherte dem Anleihenmarkt auch einige Insolvenzen – doch die Ausfälle beschränkten sich im Wesentlichen auf den Sektor der Erneuerbaren Energien und dessen Umfeld: Im März gab die SIAG Schaaf Industrie AG ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt, im Juni kam das Aus für die BKN biostrom und die SOLARWATT AG. Auf Messers Schneide steht derweil das Geschick der SIC Processing GmbH, die – inzwischen mit einem Creditreform Rating von „C“ – darum kämpft, die drohende Insolvenz noch abzuwenden.  „Für einzelne Branchen, wie beispielsweise die Solarbranche, war es ein schwieriges Jahr. Dies ist jedoch ein branchenspezifisches Problem und hat nichts mit Mittelstandsanleihen zu tun“, betont Sabine Traub. Es bleibt abzuwarten, ob die aktuelle Insolvenz des Immobilienunternehmens WGF AG, Emittentin mehrerer Hypothekenanleihen, etwas an der Zuversicht der Anleger ändert.

Michael Capitain, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Progredius GmbH, sieht die Ausfälle jedenfalls gelassen: „In 2011 schien es, als warte der beobachtende Markt nur auf das erste Schockereignis: die erste Insolvenz eines Emittenten. Nun, die befürchteten Ereignisse traten in 2012 mehrfach auf – aber die Erwartungen der Negativauguren hinsichtlich einer Beschädigung des Instruments Mittelstandsanleihe erfüllten sich nicht. Im Gegenteil, der Markt hat an Reife gewonnen. Die Auswahl der in 2012 an den Markt gebrachten Anleihen scheint kontinuierlich an Qualität zu gewinnen.“

Qualitätssegmente schaffen immer mehr Transparenz für die Anleger

Zu dieser Reife beigetragen haben nicht zuletzt die Börsensegmente für mittelständische Anleihen. Inzwischen teilen der Entry Standard der Deutschen Wertpapierbörse und das Segment Bondm der Börse Stuttgart die Emissionen immer mehr allein unter sich auf und kämpfen um die Spitzenposition.

„Der Wettbewerb zwischen den Börsen wird den Informationsfluss über die Schuldner weiter verbessern“, unterstreicht  Johannes Führ von der Johannes Führ Asset Management GmbH. „Wir begrüßen diese Entwicklung am Kapitalmarkt, da nur durch den Wettbewerb neue Qualitätsstandards gesetzt werden und dadurch der Markt weiter reifen kann. Für die Investoren bedeutet das viele Vorteile, da dadurch die Standards verbessert werden und mehr Sicherheit und Transparenz geschaffen wird.“

Ein Beispiel für diese verbesserte Transparenz für die Anleger ist die in 2012 neu eingeführte EDG-Risikoklassifizierung des Bondm, bei der Anleihen mit einem „Ampel-System“ verschiedenen Risikoklassen zugeordnet werden. Den Status des Branchenprimus musste der Bondm in 2012 jedoch trotzdem abtreten: Der Entry Standard konnte in 2012 17 neue Emissionen verbuchen und  hat damit das Stuttgarter Börsensegment in Punkto gelistete Emissionen überholt.

Neue Infrastruktur: Indizes zeigen Markttrends auf

Eine ganz neue Entwicklung im vergangenen Jahr stellen die Mittelstandsanleihen-Indizes dar. Gleich 4 wurden lanciert: Zum einen der Bondm-Index der Börse Stuttgart, der alle Unternehmensanleihen umfasst, die im Bond begeben werden und eine Restlaufzeit von mindestens 12 Monaten haben. Der „Scope Corporate Bond German MidCap Index“ (ScopeX BoMiC) der Ratingagentur Scope verfolgt das Ziel, die Kursentwicklung der 20, in Relation zu ihrem Emissionsvolumen meistgehandelten Mittelstandsanleihen der Börsensegmente Bondm, Entry Standard und „der mittelstandsmarkt“ (Börse Düsseldorf) abzubilden.

Last but not least entwickelte die Anleihen Finder GmbH eine Index-Familie mit derzeit zwei Mitgliedern. Die „Mutter“ ist der Micro Bond IndeX, kurz MiBoX, der den Kursverlauf aller, an den Qualitätssegmenten der deutschen Börsen notierten Mittelstandsanleihen umfasst und damit den Markt in voller Breite abbildet. Im Oktober 2012 wurde die MiBoX-Indexfamilie dann um den MiBoX_IG erweitert, der nur die MiBoX-Anleihen beinhaltet, die ein Investmentgrade-Rating von BBB- oder besser haben. Ziel der Anleihen Finder GmbH ist es dabei, Marktstimmungen und Trends im Markt für Mittelstandsanleihen sichtbar zu machen.

Zukunftskonzept:  Anleihen-Fonds aus dem Mittelstand

Mehr in den Blickpunkt rückten 2012 auch Fondsprodukte, die in ihrem Portfolio mittelständische Unternehmensanleihen vorzuweisen haben. So strukturierte der  Düsseldorfer Vermögensverwalter Artus Direct Invest einen bereits bestehenden, hauseigenen Fonds um, indem er vermehrt auf deutsche Mittelstandsanleihen setzte. Auch die Johannes Führ Asset Management GmbH, Frankfurt, setzt mit zwei Mittelstands-Rentenfonds (WKN: A0YAYH und WKN: A0YAYG) weiter auf die Anleihen von mittelständischen Unternehmen.

Progredius-Geschäftsführer Michael Capitain sieht darin ein Zukunftskonzept: „In Zeiten niedriger Zinsniveaus wird es sowohl für institutionelle als auch für private Investoren zunehmend schwierig, attraktive Renditen bei Inkaufnahme eines vertretbaren Risikoprofils zu erzielen. Die Renditen im Geldmarkt liegen mittlerweile sogar weit unterhalb der Inflationsrate. Ausgewählte Mittelstandsanleihen können hier unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten eine attraktive Portfoliobeimischung sein. Allerdings werden viele Privatanleger damit überfordert sein, unter den Angeboten am Markt die geeigneten Werte zu identifizieren. Dies jedoch ist genau die Aufgabe von Fondsmanagern. Ich gehe daher davon aus, dass im Zuge der fortschreitenden Etablierung der Mittelstandsanleihen auch zunehmend Fondsanbieter die Bandbreite des deutschen Mittelstands für sich entdecken werden und damit bereits in Kürze die Anzahl der in Mittelstandsanleihen investierten Fonds steigen wird.“

Ausblick 2013

Der Markt für Mittelstandsanleihen ist  in 2012 stark gewachsen, hat sich weiter ausdifferenziert  und eine reife Infrastruktur etabliert. Diese stärkt nicht nur das Vertrauen privater Kapitalanleger, sondern zieht auch verstärkt Player wie Fondsmanager und Vermögensverwalter an, die zuvor wenig in den deutschen Mittelstand investiert hatten. All dies schafft wiederrum  beste Voraussetzungen für ein weiteres Volumenwachstum des Marktes im nächsten Jahr.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: Lothar Seifert/pixelio.de

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