Mark Hoffmann von Robus Capital Management: „Es gibt keine schlechten Unternehmen – nur schlechte Preise“

Donnerstag, 19. April 2012

Interview mit Mark Hoffmann von Robus Capital Management über die Aussichten für den Markt deutscher Mittelstandsanleihen.

Mark Hoffmann ist Managing Director bei Robus Capital Management. Das Unternehmen konzentriert sich auf hochverzinsliche Fremdkapital-Instrumente. Robus investiert schwerpunktmäßig in den deutschsprachigen Ländern. Die Investment-Profis setzen auf mittelgroße Unternehmen (Umsätze von unter 1 Mrd. EUR). Sie investieren flexibel in verschiedene Fremdkapital-Instrumente von Unternehmen wie Anleihen, Darlehen, Schuldscheine, Genussscheine und Wandelanleihen.

Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Hoffmann, können Sie uns bitte einen kurzen Einblick in die Investitionsstrategie von Robus Capital sowie in ihre wichtigsten Investmentkriterien geben?

Mark Hoffmann: Was unseren Ansatz angeht ist dieser sehr Research und Due Diligence getrieben. Wir fahren ein konzentrierteres Portfolio als der klassische High-Yield- oder Investment-Grade-Anleihen Fonds und schauen uns die Firmen dafür sehr genau an. Unsere Portfolio-Manager haben einen Branchen-Fokus und wir wollen eine Firma, ihren Markt und ihre Arbeitsprozesse sehr genau verstehen, bevor wir investieren.

Wir schauen uns hierfür nicht nur das Zahlenmaterial der Firma an und sprechen mit dem Management sondern reden auch mit Kunden, Wettbewerbern und betreiben Feldforschung wie etwa den Besuch von Handelsmessen und Produktionsanlagen – dieser Prozess kann Wochen und manchmal Monate dauern und wird schlussendlich reflektiert in einem sehr detaillierten, integrierten und vorausschauenden Finanzmodell mit Szenario-Analysen. Gleichwohl wollen wir auch genau verstehen, was wir kaufen – sprich: wir studieren den Prospekt und die rechtliche Struktur des Unternehmens sehr genau.

Um das uns anvertraute Kapital zu schützen sind wir auch ein sehr engagierter Investor und versuchen einen fortlaufenden Dialog mit den Management-Teams der investierten Firmen aufzubauen. Dementsprechend sprechen wir auch pro-aktiv eventuelle Probleme, die wir identifizieren, rechtzeitig an – zum Beispiel potenzielle zukünftige Probleme mit Covenants oder Zinszahlungen.

Im Grunde sind wir Value-Investoren. Einer der wesentlichen Pfeiler unserer Investment-Philosophie ist ein sehr disziplinierter Fokus auf das richtige Risiko-Rendite-Verhältnis. Basierend auf der beschriebenen tiefen Due Diligence entwickeln wir eine holistische Risikoeinschätzung und stellen sicher, dass wir für das wahrgenommene Risiko auch bezahlt werden.

Für uns spielt dabei Bewertung eine große Rolle. Anders als viele Anleiheinvestoren machen wir uns auch sehr viele Gedanken zum Wert des Eigenkapitals der Firma, damit wir verstehen, wo genau wir im Gesamtfirmenwert eines Unternehmens mit unserem Investment stehen – z.B. mit einer erstrangigen Anleihe, welche nach besicherten Bankdarlehen sitzt.

Ein weiterer Pfeiler ist der Fokus auf Relative Value. Bevor wir ein Investment in das Portfolio aufnehmen, muss es strikte und systematische Tests durchlaufen, um sicher zu stellen, dass dieses Investment besser ist – auf einer Risiko-Rendite-Basis – als das sozusagen schlechteste Investment, was wir schon im Portfolio haben und besser als alles andere, was wir im Markt erwerben können.

Das gilt für Einzel-Investments aber auch für Instrumente-Klassen, d.h. wenn z.B. gerade weniger Value im Anleihe-Markt ist als im Markt für Darlehen, findet eine Verschiebung dahingehend statt.

„Wir gehen von einem hohen Neuemissionsvolumen aus.“

Letztlich suchen wir nach Anlagen, bei denen die Investment-These auf mehreren Beinen steht – d.h. außer einem herausragenden Risiko-Rendite-Verhältnis haben wir gerne Aspekte, welche hierzu eine Stütze bilden z.B. in Form von antizipierten Ereignissen wie Fälligkeiten, Eigentümerwechsel oder auch in Form von bestimmten rechtlichen Aspekten wie Covenants.

Anleihen Finder: Welche Rolle spielt der deutsche Mittelstand insbesondere im Hinblick auf Mittelstandsanleihen in Ihrem Portfolio? Welche Emissionen oder Emittenten haben sie sich in der jüngsten Vergangenheit angesehen?

Mark Hoffmann: Unser Fokus liegt auf mittelständischen Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum und insofern spielen Mittelstandsanleihen eine große Rolle in unserem Portfolio. Grundsätzlich schauen wir uns jede Emission mit einem Volumen von mehr als 25 bis 30 Mio. EUR an. Wir sehen nach wie vor einen großen Rückstand an zu emittierenden Anleihen, da die Kreditvergabe von Banken an Unternehmen im Non-Investment-Grade-Bereich immer restriktiver wird. Die meisten Mittelständler fallen nach Kraft und Größe sowie Eigenkapitalausstattung in den High-Yield-Bereich.

Anleihen Finder: In der aktuell laufenden Entwicklungsperiode des noch recht frischen Mittelstandsanleihen-Segments zeigt sich die Bemühung, die Spreu vom Weizen zu trennen. Können Sie uns bitte aus ihrer Sicht markante Beispiele für Tops oder Flops nennen und kurz begründen?

Mark Hoffmann: Prinzipiell gibt es für uns keine schlechten Unternehmen oder schlechte Anleihen sondern nur schlechte Preise. Sprich: Für jedes Risiko gibt es eine angemessene Rendite. Leider hapert es hier an vielen Stellen noch deutlich. Ein Beispiel ist die mittlerweile insolvente SIAG Schaaf. Bezeichnenderweise eines der wenigen Unternehmen, welches ein S&P Rating hatte – im Tripple-C Bereich. Die Anleihe war zwar mit einem 9%-Kupon am hohen Ende, allerdings wäre für Risiko im C-Rating-Bereich eine eher zweistellige Rendite – wie im internationalen Markt durchaus üblich -angemessen gewesen. Die Tatsache, dass die Tinte auf dem Prospekt kaum trocken war und noch nicht mal eine Zinszahlung stattfand, als das Unternehmen Pleite ging, zeigt – mit Rückblick – dass das Risiko substanziell war. Es wird vermutlich nicht der letzte solche Fall gewesen sein und zeigt, wie wichtig eine tiefe Due Diligence ist.

Ohne Namen zu nennen – grundsätzlich muss man, was die Struktur angeht, auch sehr vorsichtig sein, da einige Anleihen, Kraft der Tatsache, dass sie unbesichert sind, effektiv nachrangig sind. Gleichzeitig werden besicherte Bankdarlehen in der Kapitalstruktur von einigen Unternehmen sogar oft noch vor der Anleihe fällig, wodurch einige Mittelstandsanleihen daher eher das Risiko eines Mezzanine- oder Genussschein-Instrumentes darstellen, was aber nicht im Kupon reflektiert ist.

Anleihen Finder: Welche Entwicklungen erwarten Sie für das Segment in den nächsten 6 bis 18 Monaten, z.B. beim Market Making, Rating oder Research?

Mark Hoffmann: Wir gehen weiterhin von einem hohen Neuemissionsvolumen aus. Damit sich dieser Markt allerdings dauerhaft etablieren und zu einer permanenten Finanzierungsquelle für mittelständische Unternehmen werden kann, muss unserer Meinung nach eine Entwicklung in speziell zwei Bereichen stattfinden.

Erstens bei der Qualität und Struktur der Instrumente. Viele Anleihen sind strukturiert wie Investment-Grade-Instrumente, was sie aber effektiv nicht sind – d.h. sie sind unbesichert, ohne Garantien und Covenants mit Substanz. Damit vor allem institutionelle Investoren nachhaltig an diesem Markt Interesse finden, müssen erstrangig besicherte Instrumente emittiert werden, welche auch Covenants – speziell auf Kennzahlen basierte – enthalten und es muss sich ein gewisser Standard hierzu herausbilden. Zumindest zum letzten Punkt gab es jüngst erste positive Entwicklungen.

Zweitens bei der Liquidität der Instrumente. Ohne einen liquiden Sekundärmarkt wird das Mittelstandsanleihen-Segment nicht dauerhaft bestehen können. Wir würden es begrüßen, wenn Unternehmen auf Eigenemissionen verzichten, was häufig auch die Praxis einschließt, Anleihen über längere Zeiträume zu platzieren und dann am Ende nicht mal voll zu platzieren, was Unsicherheiten und einen Überhang im Markt schafft. Stattdessen sollten emissionsbegleitende Banken genutzt werden.

Zur Verbesserung der Markt Transparenz sollten diese Banken dann auch ihre Research Kapazitäten ausbauen, wobei wir uns meist eher auf unser eigenes Research verlassen.

Es wäre mit Sicherheit auch hilfreich, wenn die Reporting-Anforderungen auf Quartalsbasis umgestellt würden. Wir sind zwar eher langfristige Investoren und von dieser Seite brauchen wir das nicht, allerdings wäre es der Liquidität des Sekundärmarktes sehr zuträglich, wenn die Frequenz des Reportings von halbjährlich auf vierteljährlich ginge.

Anleihen Finder: Nutzen Sie für Ihre Investmenteinschätzung als Preisindikator Benchmark-Indizes wie den Bondm-Index oder den MIBOX und wenn nein, warum?

Mark Hoffmann: Anders als die meisten Anleihefonds orientieren wir uns als Absolute Return-Investoren prinzipiell nicht an Benchmarks. Wir sind auch der Meinung dass der Markt gegenwärtig noch von starken Ineffizienzen geprägt ist, was sich auch im Pricing niederschlägt. D.h. statt uns an diesen Indikatoren zu orientieren, verlassen wir uns eher auf unser internes proprietäres Risiko-Rendite-System und die über zehn Jahre Erfahrung, die unsere Team Mitglieder beim Investieren in High-Yield-Fremdkapital haben. Trotzdem begrüßen wir natürlich die Entwicklung von Benchmarks für Mittelstandsanleihen, denn diese tragen natürlich maßgeblich zur Effizienzsteigerung dieses Segments bei.

Anleihen Finder: Herr Hoffmann, vielen Dank für das Gespräch.

Anleihen Finder Redaktion

Zur Person:

Mark Hoffmann ist seit mehr als 10 Jahren im Bereich des hochverzinslichen Fremdkapitals in Deutschland und Europa tätig. Zuletzt war er Portfolio Manager bei GoldenTree Asset Management einem auf Corporate Credit spezialisierten Fondsmanager mit über 15 Mrd. USD verwaltetem Vermögen. Zuvor war er bei der Avenue Capital Group tätig – einer ebenfalls auf hochverzinsliches Fremdkapital fokussierten Investment Firma – und war hier seit 2005 unter anderem maßgeblich involviert in den Aufbau des Europageschäftes und der Eröffnung des Deutschland Büros. Zuvor arbeitete Herr Hoffmann mehrere Jahre in den Leveraged- Finance- und High-Yield-Bond-Abteilungen der HVB sowie der Commerzbank in München, Frankfurt und London. Vor dem Betriebswirtschafts-Studium absolvierte Herr Hoffmann eine kaufmännische Ausbildung im mittelständischen Bereich.

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