Frau Westerwelle, reden wir über ihre Konkurrenz, den Rückgang des Jahresüberschusses und das Rating für die Karlie Group – Interview mit der Karlie-Chefin – bislang 5,9 Mio Euro platziert – Anleihe ab 25.06. im Entry Standard

Montag, 24. Juni 2013


Die Karlie Group GmbH hat am vergangenen Freitag, den 21. Juni 2013, die Zeichnungsfrist über die Xetra-Zeichnungsfunktionalität für ihre Anleihe (ISIN: DE000A1TNG90) beendet. Der Hersteller und Vermarkter von Heimtierbedarf konnte bislang ein Volumen von 5,9 Millionen Euro platzieren.

Das Karlie Group-Management sei „trotz der aktuell schwierigen Kapitalmarktsituation zuversichtlich, das Emissionsvolumen bis zum Ende der Zeichnungsfrist im Juni 2014 vollständig platzieren zu können“, teilt die Karlie Group mit.

Der erste Handelstag der 6,75-Prozent-Karlie-Anleihe im Segment Entry Standard für Unternehmensanleihen an der Börse Frankfurt ist Dienstag, der 25. Juni 2013.

Die Anleihen Finder Redaktion sprach mit Angelika Westerwelle, Geschäftsführerin der Karlie Group GmbH und aller Tochtergesellschaften über das Unternehmen und die Hintergründe der Emission.

Anleihen Finder Redaktion: Sehr geehrte Frau Westerwelle, an welchen Stellen verdient die Karlie Group GmbH Geld?

Angelika Westerwelle: Mit Produkten für den Heimtierbedarf lassen sich weltweit vernünftige Margen erzielen – und das in der Regel konjunkturunabhängig. Die Karlie Group als einer der beiden führenden Anbieter in Deutschland und Europa kann ebenfalls vernünftige Margen zeigen. Unsere Rendite war und ist auskömmlich. Wir sehen aber auch noch deutliche Potenziale, die wir in den kommenden Jahren heben wollen.

Anleihen Finder Redaktion: Können Sie uns bitte einen kurzen, kompakten Abriss über die Firmenstruktur/-geschichte, die Eigentümerverhältnisse und das Geschäftsmodell der Karlie Group GmbH geben?

Angelika Westerwelle: Die Karlie Group ist ein Zusammenschluss von drei Unternehmen, deren Historie bis in die siebziger Jahre zurückreicht: Karlie Heimtierbedarf aus Deutschland, die belgische Flamingo-Gruppe sowie die englische Sharples & Grant. Unser 100 %-Gesellschafter ist ein Private-Equity-Fonds, den der Finanzinvestor Perusa aus München berät. Wir verfolgen mit der Karlie Group gezielt eine sogenannte Buy-and-Build-Strategie in dem auf der Großhandels- und Herstellerstufe sehr fragmentierten Heimtiermarkt. Das heißt, wir sind grundsätzlich sehr offen für weitere Akquisitionen.

Wir entwickeln, produzieren und vertreiben Zubehörartikel für alle Kategorien von Heimtieren: Hunde, Katzen, Kleintiere, Vögel, Fische und Reptilien. Die Karlie Group bietet über 8.000 Produkte mit mehr als 30.000 Einzelartikeln: Leinen, Halsbänder, Näpfe, Spielzeug, Kratzbäume, Ruheplätze, Aquarien usw. In unserem Markt sind wir bekannt und werden als kompetente Marke von den Tierbesitzern wahrgenommen. Aktiv sind wir in über 70 Ländern weltweit. Die Karlie Group beliefert vor allem den stationären Handel. Die mit Abstand wichtigste Kundengruppe ist für uns der Zoofachhandel. Aber auch die Baumärkte, Gartencenter und der Lebensmitteleinzelhandel gehören zu unseren Vertriebskanälen.

Anleihen Finder Redaktion: Können Sie bitte Branchenfremden kurz die wichtigsten Mechanismen des Marktes für Heimtierbedarf (ohne Futter) erklären? Welche sind Ihre Hauptkonkurrenten und wie unterscheiden Sie sich von ihnen, zum Beispiel von der TRIXIE Heimtierbedarf GmbH & Co. KG?

„Die meisten Wettbewerber der Karlie Group verstehen sich als reine Großhändler ohne eigene technische Entwicklungs- und Produktionskompetenz“

Angelika Westerwelle: Der Markt ist auf der Großhandels- und Herstellerseite sehr zergliedert und kleinteilig. Trixie und wir gelten als die europäischen Marktführer. Dann gibt es Anbieter in der zweistelligen Umsatz-Größenordnung meist um die 50, 60 Mio. Euro. Denen folgt eine sehr große Gruppe deutlich kleinerer Unternehmen. Wichtigstes Produktions- und Beschaffungsland für die ganze Branche ist China. Wir unterscheiden uns von den meisten Wettbewerbern im Markt – auch von Trixie – dadurch, dass wir immer auch Produzent waren: über unsere Ledermanufaktur in Deutschland, unsere kleine Fertigung in Tschechien und unseren langjährigen, mit uns verbundenen Produktionspartner in China, den wir jetzt auch komplett erwerben wollen. Kern unserer Produktionsphilosophie ist „Qualität made in Germany“, die wir auch in China umsetzen. Man kann es so formulieren: Die Strategie, die Produktionsstufe in das Unternehmen zu integrieren, ist eines unserer deutlichsten Alleinstellungsmarkmale. Die meisten Wettbewerber verstehen sich als reine Großhändler ohne eigene technische Entwicklungs- und Produktionskompetenz.

Anleihen Finder Redaktion: Welche Argumente sprechen nach Ihren Erkenntnissen dafür, dass der Heimtiermarkt ein Wachstumsmarkt ist? Und welche Wachstumsstrategien haben Sie in welchen europäischen Regionen entwickelt?

Angelika Westerwelle: Der Heimtiermarkt wächst seit Jahrzehnten kontinuierlich und hat auch in den Krisenjahren keine Rückschläge hinnehmen müssen. Er ist erstaunlich konjunkturresistent. Weltweit wächst der Markt durch die Zunahme der Weltbevölkerung und durch die Zunahme des frei verfügbaren Einkommens der stark wachsenden Mittelschichten in den Schwellenländern. Brasilien zum Beispiel ist 2012 noch vor Japan und hinter den USA auf Platz 2 der weltweit wichtigsten Pet-Märkte vorgestoßen. In den etablierten Märkten Westeuropas treibt der Trend zur Humanisierung des Tieres die Ausgaben. Der Mensch sieht das Tier nicht länger als eine Art Nützling zur Bewachung, zum Mäusefangen oder ähnlichen Aktivitäten, sondern als Freund, Sozialpartner und Familienmitglied. Damit gibt man auch automatisch vergleichbare Summen für das Tier aus wie für andere Familienmitglieder oder sich selbst und stellt entsprechend höhere Ansprüche an die Qualität und die Funktionen der Produkte. Unsere eigene Wachstumsstrategie setzt  die erste Priorität  auf den heimischen europäischen Markt. Wir wollen unseren eigenen Vertrieb in Europa weiter ausbauen. Überall, wo wir eigene Vertriebsmitarbeiter einsetzen, sehen wir eine bessere Marktdurchdringung und ein deutlicheres Wachstum. Die Integration der Produktion ist natürlich auch ein Wachstumstreiber. Perspektivisch werden wir uns aber auch mit Märkten befassen, in denen wir bislang nur über vereinzelte Projektgeschäfte oder kleinere  lokale Partner vertreten sind, wie etwa die USA oder Süd- und Mittelamerika. Hier prüfen wir auch die Möglichkeiten von Übernahmen.

Anleihen Finder Redaktion: Inwiefern ist der Handel über das Internet mit Heimtierbedarf Gefahr oder Chance für Ihr Geschäft?

„Der Umsatz der Karlie Group über Online-Portale wächst stetig und liegt mittlerweile über 10 Prozent“

Angelika Westerwelle: Wir sehen im Internet vor allem Chancen – übrigens auch für unsere Kunden im stationären Handel! Wir selbst nutzen den eigenen Webshop ausschließlich für das B2B-Geschäft mit unseren Handelskunden. Wir sind aber natürlich auch bei allen führenden Internet-Anbietern gelistet, wie etwa Zooplus und Amazon. Unser Umsatz über Online-Portale wächst stetig und liegt mittlerweile über 10 %.

Anleihen Finder Redaktion: Inwiefern sind große Einzelhandelsketten eine Bedrohung für Ihr Geschäftsmodell?

Angelika Westerwelle: Nur sehr wenige Anbieter in diesem Markt können mit den großen Ketten halbwegs auf Augenhöhe sprechen. Wir sind ein vollumfänglicher Listungspartner, wir können Konzepte entwickeln, PoS-Kampagnen und –strategien inklusive der Materialien anbieten und umsetzen, internationale Standards gewährleisten und vieles mehr, was gerade für die großen Partner von Bedeutung ist. Auf Wunsch liefern wir selbstverständlich auch Handelsmarken. Daher gilt auch hier: Wir sehen darin keine Bedrohung, sondern zusätzliche Chancen!

Anleihen Finder Redaktion: Aus welchen Gründen ist der Konzernjahresüberschuss der Karlie Group GmbH von 3.711.000 Euro in 2011 auf 528.000 Euro in 2012 zurückgegangen?

Angelika Westerwelle: Das ist vor allem Einmaleffekten geschuldet, die aus dem Zusammenschluss unserer drei Unternehmen herrühren. Zu nennen sind Goodwill-Abschreibungen, Transaktionskosten für die Akquisition von Sharples & Grant, umfängliche Anwalts- und Steuerberatungskosten für die juristische Zusammenführung der fünfzehn Firmen, die wir international mittlerweile haben, etc. Wenn man Vergangenheit und Gegenwart unserer Teil-Konzerne analysiert, kommt man zu dem Ergebnis, dass unser „normales“ Ertragspotenzial bei rund 3 Mio. Euro Netto-Ergebnis nach Steuern liegt. Das ist für ein Handelsunternehmen ein ordentlicher Wert. Natürlich geben wir uns trotzdem damit nicht zufrieden, da wir diese Gruppe ja auch deshalb bauen, um Synergiepotentiale und Skaleneffekte nutzen zu können. Deren Umsetzung lässt sich gut an, und wir sehen eine deutliche Steigerung der Ergebnisse ab diesem Jahr.

Anleihen Finder Redaktion: Können Sie uns bitte kurz die Entwicklung der Cashflows der Karlie Group GmbH in den letzten Jahren darstellen und erklären?

Angelika Westerwelle: Die Gruppe ist juristisch in ihrer jetzigen Form ja erst zum 1. Januar 2013 entstanden. Vorher waren wir Schwesterfirmen, die gemeinsam wie eine Gruppe gemanaged wurden, aber formal nicht zueinander gehörten. Zudem sind einzelne Partner der Gruppe versetzt dazu gekommen: Karlie 2009, Flamingo im Frühjahr 2011, Mirador Anfang 2012, Sharples & Grant zum Oktober 2012. Deshalb gibt es keine testierten und vor allem keine vergleichbaren Konzernzahlen aus der Vergangenheit. Wir haben für das Rating unter Aufsicht der Wirtschaftsprüfer Pro-Forma-Abschlüsse für die Jahre 2011 und 2012 erstellt, die den Konzern so betrachten, als seien alle Mitgliedsfirmen bereits seit Januar 2011 Mitglied der Gruppe  gewesen. Auf Basis dieser Pro-Forma-Abschlüsse haben wir 2011 einen Cashflow von rund 5 Mio. Euro erwirtschaftet, 2012 lagen wir aufgrund der besonderen Effekte bei weniger als der Hälfte. Wenn Sie mich fragen, wo wir beim operativen Cashflow wieder hin wollen, dann ist die Zahl aus 2011 durchaus die Messlatte – und das ohne die zusätzlichen Möglichkeiten aus der Anleihe.

Anleihen Finder Redaktion: Kommen wir zur Ihrer Anleihe. Zu welchen Teilen jeweils möchten Sie die Anleihen-Erlöse zum einen „in die Refinanzierung von Finanzverbindlichkeiten“, zum anderen „in die Akquisition von Unternehmen“ und drittens „in die Finanzierung der Ausweitung der Vertriebsaktivitäten sowie des Working Capitals“ investieren?

Angelika Westerwelle: Wir planen einen Mix aus Refinanzierung, Expansions-Finanzierung und operativen Investitionen. Auf der Passiv-Seite unserer Bilanz werden wir ein Bankdarlehen und einen Vendor Loan der Alteigentümer ablösen. Wir wollen wie erwähnt in China ein Produktionsunternehmen erwerben, mit dem wir langjährig zusammenarbeiten und bereits umfangreiche Geschäftsprozesse aufgesetzt haben. Für diese Maßnahmen haben wir bis zu 15 Mio. Euro reserviert.

Operative Projekte betreffen vor allem den Ausbau der Vertriebsaktivitäten – national wie international. Auch die begonnenen Maßnahmen zu weiteren Steigerung der Produktivität kosten kurzzeitig  Geld, bieten aber auch signifikantes Ertragspotenzial. Ein Beispiel ist die Sortimentszusammenlegung zwischen Karlie und Flamingo, die in der Übergangsphase einen Aufbau des Working Capitals mit sich bringt, aber auch bereits kurzfristig deutliche Einsparungen bei den Komplexitätskosten und Beschaffungskonditionen nach sich zieht. Ziel der Sortimentszusammenführung ist es, ab 2014 eine deutliche Senkung des Working Capitals zu erreichen, da wir die Zahl der Einzelartikel von ca. 30.000 auf unter 20.000 drücken werden. Für den Kunden wird das keine Auswirkungen haben, da wir zahlreiche überlappende Artikel in den verschiedenen Sortimenten der Einzelfirmen haben. Schließlich bedienen alle unsere Firmen die gleichen Tierkategorien.

Welche Strategien haben Sie für die Rückzahlung der Karlie Group-Anleihe entwickelt?

Anleihen Finder Redaktion: Welche Strategien haben Sie für die Rückzahlung der Anleihe entwickelt? Anders ausgedrückt, planen Sie die zur Rückzahlung der Anleiheverbindlichkeiten notwendigen Mittel innerhalb der Laufzeit aus den laufenden Erträgen zu generieren oder gehen Sie von einem Anschlussfinanzierungsbedarf aus?

Angelika Westerwelle: Wir gehen Stand heute von einer vollständigen Tilgung aus dem operativen Cashflow aus. Diese Aussage steht unter dem Vorbehalt, dass wir uns offenhalten, auch über die jetzt geplanten Projekte hinaus weiter durch Akquisitionen zu wachsen. Dann könnte es dazu kommen, dass wir den Kapitalmarkt nochmals nutzen wollen – sei es für eine neue Anleihe oder im Zuge eines Börsengangs.

Anleihen Finder Redaktion: An welche Investorengruppe richtet sich Ihre Unternehmensanleihe vornehmlich? Sehen Sie eher private oder institutionelle Investoren als Ihre vornehmliche Zielgruppe an?

Angelika Westerwelle: Unser Geschäftsmodell ist einfach und nachvollziehbar. Unser Markt wächst stetig und verläuft nicht zyklisch. Unsere Produkte sind emotional und greifbar. Welche Investoren soll ich da ausschließen? Ich denke, das ist für alle Investorengruppen interessant.

Anleihen Finder Redaktion: Inwiefern können Sie die Beurteilung der Bonität der Karlie Group GmbH mit dem Non Investment-Rating „BB Stable“ der Scope Ratings GmbH nachvollziehen?

Angelika Westerwelle: In meiner beruflichen Laufbahn habe ich viel Erfahrung mit Unternehmen gesammelt, die aus Zusammenschlüssen oder durch Akquisitionen entstanden sind. Integration und Prozessoptimierung sind schon meine besonderen Kompetenzfelder. Deswegen kann ich ganz gut beurteilen, wo die Karlie Group derzeit steht, wie stabil sie aufgestellt ist und welch großartiges Potenzial noch vorhanden ist. Es ist aber auch klar, dass so ein Zusammenschluss deutliche Spuren im Zahlenwerk hinterlässt und eine Rating-Agentur beurteilt vor allem das, was Schwarz auf Weiß geschrieben steht. Das kann ich nachvollziehen, auch wenn ich es persönlich ganz anders einordne und bewerte.

Anleihen Finder Redaktion: Können Sie uns bitte zum Schluss einen kurzen Ausblick auf Ihre Geschäftserwartungen in den nächsten Jahren geben?

Angelika Westerwelle: Das kann ich leider nur in dem Rahmen, wie es unser Wertpapierprospekt zulässt. Wir verfügen derzeit ohne Einmaleffekte über eine EBITDA-Marge von knapp 7 %. Diese wollen wir kurzfristig  auf 8 % steigern mit Tendenz nach oben für die nächsten Jahre. Wir werden die Produktion ausweiten und in unseren Kernmärkten stabil wachsen. Wir haben aber auch die Vision, dass die Karlie Group in wenigen Jahren zu einem wirklich global aufgestellten Unternehmen im Heimtiermarkt wird, das in allen wichtigen internationalen Märkten signifikant vertreten ist.

Anleihen Finder Redaktion: Frau Westerwelle, vielen Dank für das Interview!

Kurzvita von Frau Dr. Angelika Westerwelle

Dr. Angelika Westerwelle ist seit 2011 Geschäftsführerin der Karlie Group GmbH. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften in Aachen, Cambridge und Harvard und ist heute Mitglied der Monopol-Kommission. In ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn lag ihr Schwerpunkt in der Integration und im Umbau von Unternehmen, die stark durch Akquisitionen und Zusammenschlüsse geprägt waren.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: Karlie Group GmbH

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KARLIE Group GmbH 2013/2018

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