„Erste Gläubigerversammlung der Firma Laurèl – eine Farce“ – Aus der Sicht eines Anleihegläubigers
Auch wenn sich die Vorzeichen bei der Laurèl GmbH nach den jüngsten Ereignissen etwas geändert haben, so wollen wir den Bericht eines irritierten Anleihegläubigers zur ersten Gläubigerversammlung des Mode-Unternehmens nicht unter den Tisch fallen lassen, denn konstruktive Kritik kann dem Markt sowie der Kommunikation am Markt nur gut tun. Ein Anleihegläubiger, welcher der Anleihen Finder-Redaktion bekannt ist, aber zunächst anonym bleiben möchte, hat sich zur ersten Versammlung des Mode-Konzerns wie folgt geäußert:
Bei der Gläubigerversammlung des Modeunternehmens Laurèl sollten Beschlüsse über eine Aussetzung der Zinszahlung im November dieses Jahres, eine Reduzierung weiterer Zinszahlungen sowie über eine Laufzeitverlängerung der 20 Millionen Euro-Anleihe bis ins Jahr 2020 gefasst werden. Laurèl ist in eine existenzbedrohende Schieflage geraten und kämpft ums Überleben, nachdem das Eigenkapital aufgezehrt ist. Bei der Versammlung wurden die Gläubiger vor vollendete Tatsachen gestellt und sollten sich kommentarlos zu Zugeständnissen bereit erklären.
Wortmeldungen, Diskussionen oder gar Fragen waren nicht erwünscht und das zur Beurteilung der Lage des Unternehmens benötigte Sanierungsgutachten wurde weder vorgelegt noch inhaltlich besprochen. Von der Schuldverschreibung mit einem Nominalwert in Höhe von € 20 Mio. war gerade einmal ein Nominalkapital von € 3,9 Mio. vertreten, so dass mit einer Präsenz von 19,5 Prozent das erforderliche Quorum von 50 Prozent nicht erreicht und die Versammlung somit nicht beschlussfähig war. Damit war die Anleihegläubigerversammlung bereits nach einer Viertelstunde beendet.
Mittelalterliche Obrigkeitszustände
Alleingeschäftsführer Dirk Reichert hat im Anschluss die Anwesenden über Lage und Entwicklung des Unternehmens oberflächlich unterrichtet. Gläubigern, deren Vertretern und den zur Wahl stehenden gemeinsamen Vertretern wurde das Wort nicht erteilt und die ganze Veranstaltung erinnerte an mittelalterliche Obrigkeitszustände und machte die Informations- und Kommunikationspolitik des Unternehmens gegenüber Gläubigern überdeutlich. Dem Umstand, dass bei der Restrukturierung der Passivseite von Laurèl eben die € 20 Mio. Schuldverschreibung die einzige relevante Verbindlichkeit darstellt, wurde nur untergeordnete Beachtung geschenkt.
Dirk Reichert, dem über eine Gesellschaft zwölf Prozent des Unternehmens gehören, forderte von den Gläubigern erhebliche Zugeständnisse und Verzichte, die diese ohne fundierte Grundlage oder transparente Informationen hinnehmen sollten.
Ursachen der Schieflage
Umsatzzahlen und operative Ertragskraft von Laurél entwickelten sich in den letzten drei Geschäftsjahren gegenläufig:
Umsatz EBITDA Ergebnis Steuern EK-quote
2012/2013 € 35,7 Mio. + € 0,4 Mio. – € 3,4 Mio. 25 %
2013/2014 € 39,4 Mio. – € 2,2 Mio. – € 4,6 Mio. 13 %
2014/2015 € 40,8 Mio. – € 2,0 Mio. – € 4,5 Mio. -3 %
Das Rating der Creditreform vom 07.08.2015 verweist auf eine bereinigte Eigenkapitalquote von minus 16,75 Prozent.
Operative Restrukturierungsmaßnahmen
Mit der Schließung eigener defizitärer Standorte sollen jährlich rd. € 400.000, mit Personalmaßnahmen rd. € 600.000 und durch eine Kürzung des Marketingbudgets, der Messekosten und einer Verringerung der Anzahl der Musterkollektionen rd. € 700.000 eingespart werden. Da keine Diskussion und Fragen erwünscht waren, konnte nicht geklärt werden, warum ein Kosten- und Effizienzprogramm erst nach mehreren Verlustjahren beschlossen wurde und zu einem Zeitpunkt als das Eigenkapital schon weg war. Ebenso wie die Frage, warum Vorstand Reichert ein Darlehen an das Mutterunternehmen von 2,2 Mio. und an ein Schwesterunternehmen von rd. € 500.000 erst zurückforderte, als Laurèl bereits um die eigene Existenz kämpfte.
Das Sanierungsgutachten wurde den Gläubigern nicht zugänglich gemacht: sie bekamen infolgedessen auch keine Einsicht, wie die Mittel von € 20 Mio. eingesetzt worden waren, ob Geschäftsmodell und das Management zukunftsfähig sind und wie die Suche nach einem Finanzinvestor umgesetzt wird.
Sanierungsgutachten
Geschäftsführer Dirk Reichert berichtete von einem Sanierungsgutachten nach dem Standard IDW S6, das Laurèl eine positive Fortführungsprognose attestiert. Jedoch wurde das Gutachten den Gläubigern, die erhebliche Kursverluste erleiden und nun weitreichende Zugeständnisse machen sollen, bei der Gläubigerversammlung noch nicht einmal vorgelegt oder mit diesen inhaltlich erörtert. Der Geschäftsführer erwartet von den Gläubigern offensichtlich grenzenloses Vertrauen und Verzichte, gesteht diesen aber nicht zu, sich ein eigenes Bild machen zu können, geschweige denn überhaupt zu Wort zu kommen.
Wie nach den hohen Verlusten von € 4,53 Mio. € (Vj. € -4,57 Mio.), die zu einem negativen Eigenkapital von 16,75 Prozent führen und in einem zunehmend schwieriger werdenden Marktumfeld mit einem Stand-Alone-Geschäftsmodell und einer unklaren strategischen Ausrichtung, eine Rückkehr zur Profitabilität und Wachstum gelingen soll, konnte anhand der knappen Ausführungen des Managements nicht nachvollzogen werden.
Bedenken von Gläubigern wurden ignoriert
Bedenken von Gläubigern, dass sich die negativen Entwicklungen der Vergangenheit auch in Zukunft fortsetzen, konnte das Management nicht einmal annähernd entkräften und hat sich diesbezüglich auch kaum Mühe gegeben. Maßnahmen zur operativen und finanziellen Restrukturierung blieben ebenso im Dunkeln wie der Markenwert des Unternehmens oder die Frage, ob überhaupt eine Rückzahlung wahrscheinlich ist, sollte die Laufzeit um weitere drei Jahre verlängert werden.
Vertretung der Anleihegläubiger
Rechtsanwalt Glöckner, der als gemeinsamer Vertreter für die Anleihegläubiger in der Einladung vorgeschlagen wurde, hielt sich auch eherim Hintergrund anstatt Flagge zu zeigen und sein Konzept zu präsentieren. Dadurch konnten sich die Gläubiger auch kein Bild von seinen Vorstellungen machen. Für die Gläubiger bedeutet ein gemeinsamer Vertreter, dass sämtliche Rechte und Entscheidungen künftig in dessen Händen liegen und somit muss sichergestellt werden, dass dieser auf Augenhöhe mit dem Geschäftsführer steht und die Gläubigerinteressen bestmöglich durchsetzt.
FAZIT: Die Anleihegläubiger sollten auf jeden Fall bei der nächsten Versammlung ihre Interessen wahrnehmen oder sich durch eine Schutzgemeinschaft vertreten lassen, die unabhängig und objektiv die Ansprüche der Anleihegläubiger durchsetzt.
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Anleihen Finder Redaktion. Timm Henecker.
Foto: Ken Teegardin / flickr
Anleihen Finder Datenbank
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