„Weitere Geschäftsentwicklung hängt von externen Faktoren ab“ – Interview mit Wolfgang Bläsi, Vorstand der Ektotechnika AG

Freitag, 27. November 2015


Seit vergangenem Montag, den 23. November 2015, können Anleihegläubiger der Ekotechnika AG vom Erwerbsrecht für Aktien Gebrauch machen. Die Anleihen Finder Redaktion hat mit
Wolfgang Bläsi, dem CFO des Landtechnikproduzenten über die gegenwärtige Unternehmenslage und die Bedeutung des Aktien-Deals gesprochen.

Anleihen Finder: Hallo Herr Bläsi, wie verläuft der gegenwärtige Restrukturierungsprozess der Ekotechnika AG? Können Sie uns auf den neuesten Stand bringen?

Wolfgang Bläsi: Derzeit stehen wir kurz vor Abschluss der finanzwirtschaftlichen Restrukturierung. Gemeinsam mit den Anleihegläubigern wurde der Debt-Equity-Swap sowie der Formwechsel in die AG beschlossen, was in den letzten Wochen bereits erfolgreich umgesetzt wurde. Seit Montag, den 23. November, läuft die Erwerbsfrist der Ekotechnika-Aktien, in der die Anleihegläubiger die Möglichkeit haben, Aktien der Ekotechnika AG zu beziehen. Ab Mitte Dezember wird die Aktie dann zum Handel im Freiverkehr der Börse Düsseldorf einbezogen.

Anleihen Finder: Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptfaktoren für die prekäre Unternehmens-Situation?

Wolfgang Bläsi_EkotechnikaWolfgang Bläsi: Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Das operative Geschäft in Russland ist in 2014 und 2015 deutlich schwieriger geworden, sowohl aufgrund des Rubel-Verfalls als auch durch die Zinsentwicklung. Wir kaufen die Maschinen in US-Dollar oder Euro, verkauft werden sie zwar auch in dieser Währung – der Kunde bezahlt jedoch in Rubel. Das macht ausländische Produkte für russische Landwirte derzeit erheblich teurer. Darüber hinaus ist in 2014 der Zentralbankzins von 5,5% auf 17% gestiegen. Das heißt, ein russischer Landwirt konnte zuletzt keine Finanzierung mehr zu vernünftigen Konditionen erhalten. Ganz abgesehen davon, dass Kredite nur noch schwer zu bekommen sind. Das wirkt sich natürlich auf unsere Absatzzahlen aus.

Anleihen Finder: Wie sieht die derzeitige Ertrags- und Finanzlage der Gesellschaft aus?

Wolfgang Bläsi: Die Ekotechnika hat im Geschäftsjahr 2014/15 einen vorläufigen Konzernumsatz von über 110 Mio. Euro erwirtschaftet. Dies entspricht zwar einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr von rund 34 %, dennoch liegen die Erlöse damit deutlich über der Planung der Gesellschaft. Das EBIT lag mit rund -1 Mio. Euro unter dem Vorjahreswert, jedoch auch über dem Plan von -8,6 Mio. Euro. Das vorläufige Konzernergebnis, inklusive Währungsverlusten und Restrukturierungskosten, beläuft sich auf rund -25 Mio. Euro. Durch den vollzogenen Debt-Equity-Swap der Anleihe sowie die durchgeführte Barkapitalerhöhung haben sich die Bilanzrelationen deutlich verbessert. Das bislang negative Konzerneigenkapital hat sich um insgesamt rund 70 Mio. Euro verbessert. Die Eigenkapitalquote per 30.09.2015 inklusive der Durchführung des Swap läge zwischen 15 und 20 %.

Anleihen Finder: Welche Vorteile bringt der Formwechsel in eine Aktiengesellschaft mit sich?

„Notwendiger Schritt zur Sanierung“

Wolfgang Bläsi: Die Maßnahme der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft war ein notwendiger Schritt zur Sanierung des Unternehmens, weil nur dadurch die bisherigen Anleihegläubiger eine liquide Beteiligung erhalten konnten. Wir sehen die Beschlüsse zum Debt-Equity-Swap und zum Formwechsel als Chance und danken den Anleihegläubigern für ihre Unterstützung und ihr Vertrauen.

Anleihen Finder: Warum sollten Anleihegläubiger vom aktuellen Erwerbsrecht in Aktien Gebrauch machen?

Wolfgang Bläsi: Unsere Investoren haben durch die Ausübung ihrer Erwerbsrechte die Chance, an einer Erholung des Geschäfts zu partizipieren. Aus diesem Grund wurde mehrheitlich von den Anleihegläubigern für den Debt-Equity-Swap gestimmt. Die Erwerbsrechte verbriefen das Recht, Serie A-Aktien zu erwerben, die mit einer bevorrechtigten Gewinnbeteiligung ausgestattet sind.

Höhe der Barabfindung noch nicht absehbar“

Anleihen Finder: Welche Folgen hätte es für die Ekotechnika, wenn sich die Anleihegläubiger gegen eine Beteiligung an der neuen Gesellschaft entscheiden?

Bläsi: Die Folgen für die Ekotechnika wären in diesem Fall überschaubar. Die Ekotechnika Holding GmbH hat sich verpflichtet, nicht bezogene Aktien zu erwerben, für die das Erwerbsrecht nicht ausgeübt wurde. Allerdings ist diese Verpflichtung auf rund 40 % des Volumens und max. 2 Mio. Euro begrenzt. Sollten mehr als dieses Volumen an Aktien nicht bezogen werden, wird der Rest durch die Abwicklungsstelle bestmöglich verwertet. Das bedeutet, wir können heute noch nicht sagen, wie hoch der Verwertungserlös und damit die Barabfindung für die Anleihegläubiger ausfällt, die ihr Erwerbsrecht nicht genutzt haben.

Anleihen Finder: Die im Sanierungsgutachten fixierten Planungen für das Geschäftsjahr 2014/15 konnten übertroffen werden. Können die Finanz-Prognosen für die zukünftige Entwicklung generell angehoben werden? Und wenn ja, warum?

Wolfgang Bläsi: Die Geschäftszahlen 2014/15 waren zwar besser als im Gutachten prognostiziert, vor allem die Umsatzentwicklung. Absolut betrachtet hat die Ekotechnika aber immer noch einen Rückgang um rund ein Drittel gegenüber dem Vorjahr und einen deutlichen Verlust zu verzeichnen. Wir haben – neben der finanziellen Restrukturierung – deutliche Fortschritte hinsichtlich der Effizienz gemacht und eine Reihe von Kostenpositionen signifikant reduziert. Allerdings hängt die weitere Geschäftsentwicklung der Ekotechnika stark von externen Faktoren, wie der Währungs- und Zinsentwicklung bzw. generell der Finanzierungssituation in Russland ab. Deshalb tun wir uns mit Prognosen generell schwer. Positiv zu bewerten ist, dass russische Landwirte ein gutes Jahr hatten, ebenso haben wir von der Landwirtschaftsmesse Agritechnica Mitte November in Hannover positive Impulse mitgenommen.

Anleihen Finder: Warum wird sich die Ekotechnika AG aus der derzeitigen Krise befreien können?

„Russland ist DAS Agrarland auf dem europäischen Kontinent“

Wolfgang Bläsi: Die Rahmenbedingungen für den Verkauf internationaler Landtechnik bleiben angesichts der wirtschaftlichen Lage in Russland herausfordernd. Dennoch hat sich der Markt auf der Basis der positiven Ergebnisse vieler Landwirte positiv verändert. Auch spüren wir einen starken Anstieg im Ersatzteilgeschäft, das im letzten Geschäftsjahr währungsbereinigt um knapp ein Drittel zugelegt hat. Insgesamt bleibt das Potential für qualitativ hochwertige internationale Landtechnik in Russland unverändert hoch; Russland ist DAS Agrarland auf dem europäischen Kontinent.

Kurzportrait Wolfgang Bläsi – Ekotechnika AG

Wolfgang Bläsi hat die Trennung des Technik- und Agrargeschäfts begleitet und ist heute Vorstandsmitglied der Ekotechnika AG sowie CFO der eigenständigen Holdinggesellschaft Ekosem-Agrar. In seinen Zuständigkeitsbereich fallen die IFRS-Abschlusserstellung, die Unternehmensfinanzierung und das Legal Restructuring. Bis zum Jahr 2009 war er als Finanzvorstand der börsennotierten KTG Agrar AG tätig. Vor seinem Wechsel zu dem Landwirtschaftsunternehmen war Wolfgang Bläsi Geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung ProClion GmbH, deren Schwerpunkt auf der Projektentwicklung für erneuerbare Energien liegt. Seine berufliche Karriere startete er bei der Novasoft AG, deren Börsengang er vorbereitet hat und wo er rund acht Jahre als Leiter der Bereiche Rechnungswesen und Kommunikation sowie später als Finanzvorstand tätig war. Wolfgang Bläsi hat eine Ausbildung im Bereich Finanzverwaltung absolviert und ein Studium der Technischen BWL als Diplom-Betriebswirt (FH) mit Auszeichnung abgeschlossen.

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Anleihen Finder Redaktion. Das Interview führte Timm Henecker.

Fotos: Ekotechnika Gruppe

Anleihen Finder Datenbank

Anleihe der Ekotechnika GmbH 2013/2018

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