„Die Prolongation der Anleihen ist die klar bevorzugte Variante“ – Interview mit Wolfgang Bläsi, Geschäftsführer und CFO der Ekosem-Agrar GmbH

Donnerstag, 28. Januar 2016


Die Ekosem-Agrar GmbH sorgte zu Jahresbeginn mit der geplanten Laufzeit-Verlängerung der beiden Unternehmensanleihen für Aufsehen am Minibond-Markt. Beide Minibonds sollen vier Jahre länger laufen als geplant – die Anleihen-Kurse fielen daraufhin deutlich. Im Interview mit der Anleihen Finder Redaktion verrät Ekosem-Agrar-Geschäftsführer Wolfgang Bläsi, warum dieser Schritt notwendig ist.

Anleihen Finder Redaktion: Weshalb haben Sie sich für den Weg einer Laufzeit-Verlängerung der Anleihen entschieden? Und warum gerade um vier Jahre?

Wolfgang Bläsi: Wir haben im Vorfeld der Entscheidung für die Prolongation verschiedene Möglichkeiten der Refinanzierung in Betracht gezogen und mit Investoren und Investmentbanken diskutiert. Eine Verlängerung der Anleihelaufzeiten hat sich als beste Option herauskristallisiert. Unsere Anleihegläubiger kennen uns und haben sich nicht nur wegen der attraktiven Verzinsung für ein Investment entschieden, sondern auch weil Sie an unser Geschäftsmodell und die Chancen im russischen Milchmarkt glauben. Diese Erwartungshaltung haben wir in den letzten vier Jahren nicht enttäuscht. Dennoch sind wir mit unserem Investitionsprogramm noch nicht da, wo wir Ende 2015 stehen wollten. Deshalb bitten wir die Anleihegläubiger um etwas mehr Zeit, um unsere Milchviehkapazitäten voll auszulasten und ab 2017 sukzessive den free Cashflow zu generieren, der die Rückzahlung der Anleihen und eine deutliche Reduzierung der Finanzverbindlichkeiten ermöglicht. Die Entscheidung für vier Jahre basiert auf diesen Planungsrechnungen, die im Übrigen auch das von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) erstellte Independent Business Review bestätigt.

Anleihen Finder Redaktion: Hand aufs Herz – haben Sie mit solch vehementen Reaktionen (Kurssturz auf zwischenzeitlich 60 Prozent) an den Märkten gerechnet?

„Wir haben mit einem Rückgang der Kurse gerechnet“

Wolfgang Bläsi_EkotechnikaWolfgang Bläsi: Tatsächlich haben wir mit einem Rückgang der Kurse als Reaktion auf unsere Bekanntmachung gerechnet. Die Handelsvolumina und die positive Entwicklung der letzten Tage haben gezeigt, dass dieser Rückgang die vorübergehende Besorgnis einzelner Anleger widerspiegelt. Nahezu alle größeren Investoren, aber auch viele Kleinanleger, mit denen wir in den letzten Tagen gesprochen haben, sind mit unseren Plänen einverstanden und werden diese mittragen.

Anleihen Finder Redaktion: Warum sollten sich die Anleihegläubiger Ihren Plänen anschließen und bei der bevorstehenden Abstimmung ohne Versammlung für eine Änderung der Anleihebedingungen abstimmen?

Wolfgang Bläsi: Ekosem-Agrar verfügt über ein stabiles und profitables Geschäftsmodell. Das hat die Performance der Gruppe trotz Wirtschaftskrise in Russland unter Beweis stellen können: Die Wachstumsraten bei Umsatz und Ergebnis zeigen deutlich, dass der russische Milchmarkt ein attraktives Marktpotential bietet. Stimmen unsere Anleihegläubiger für die Prolongation, können wir unsere Investitionen vollenden und unsere aufgebauten Stallkapazitäten für die Milchproduktion voll auslasten, unsere Margen steigern und somit Schritt für Schritt den Cashflow zur Tilgung von Verbindlichkeiten aufbauen. Diese Planung wird auch durch das bereits erwähnte PwC-Gutachten bestätigt. Allen Anleihegläubigern empfehlen wir, dieses Gutachten über unsere Webseite anzufordern.

Plan B

Anleihen Finder Redaktion: Können nicht auch andere Finanzierungsmöglichkeiten für eine größere „finanzielle Flexibilisierung“ der Ekosem-Agrar GmbH sorgen – vielleicht sogar mit weitaus geringerer Zinslast? Gibt es denn noch einen Plan B, falls sich die Anleihegläubiger gegen die geplanten Maßnahmen entscheiden sollten?

Wolfgang Bläsi: Prinzipiell gibt es natürlich auch andere Möglichkeiten, etwa die Aufnahme von weiteren Eigenkapitalinvestoren, die Refinanzierung über Bankdarlehen oder andere Fremdfinanzierungsinstrumente. Diese werden wir, falls unsere Anleihegläubiger der Verlängerung nicht zustimmen, auch in Angriff nehmen. Allerdings können wir mit den Alternativen – nach heutiger Einschätzung – unser Investitionsprogramm nicht so umsetzen wie geplant, was die Geschäftsentwicklung deutlich bremsen würde. Daher ist die Verlängerung der Anleihen die klar favorisierte Lösung.

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„Politische und wirtschaftliche Entwicklung haben Planung durchkreuzt“

Anleihen Finder Redaktion: Warum ist die Ekosem-Agrar GmbH derzeit nicht in der Lage die beiden Anleihen fristgerecht zurückzuführen?

Wolfgang Bläsi: Zum Zeitpunkt der Anleiheemission in 2012 war meine Planung, dass wir in 2015 eine größere Eigenkapitalmaßnahme durchführen, auf deren Basis wir dann die Refinanzierung der Anleihe in Angriff genommen hätten. Alternativ hatten wir einen „Wachstumsstopp“ und die Ansammlung von Cashflows geplant. Die Kapitalmaßnahme wurde durch die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten beiden Jahre massiv erschwert. Ein Wachstumsstopp war nicht sinnvoll, weil wir durch die Schwierigkeiten im Finanzierungsumfeld die Anlagen nicht schnell genug fertigstellen konnten. Dennoch: Eine fristegerechte Rückzahlung zu den bisherigen Fälligkeitsterminen 2017 und 2018 wäre über alternative Refinanzierungsmaßnahmen darstellbar. Davon bin ich überzeugt. Allerdings würden wir z.B. bei der Eigenkapitalaufnahme aufgrund des schwierigen Kapitalmarktumfelds für in Russland tätige Unternehmen derzeit keine adäquate Bewertung des Unternehmens erzielen. Andere Fremdfinanzierungsmaßnahmen wären ebenfalls machbar, würden aber unsere Flexibilität im Ausbau des operativen Geschäfts deutlich einschränken. Die Prolongation der Anleihen ist daher die klar bevorzugte Variante; auch, weil wir überzeugt sind, dass die Anleihe für die Investoren eine gute Anlage ist.

Anleihen Finder Redaktion: Inwieweit hat sich das operative Geschäft gegenüber dem Vorjahr verschlechtert? Können Sie uns konkrete Finanzkennzahlen nennen?

„Haben in 2015 ein ordentlich positives Ergebnis erzielt“

Wolfgang Bläsi: Das Geschäftsjahr 2015 war insgesamt eindeutig zufriedenstellend. Konkrete Zahlen liegen noch nicht in der Form vor, dass wir sie kommunizieren könnten. Ich kann aber so viel sagen, dass wir erneut sehr gute operative Margen sowie ein ordentliches positives Ergebnis erzielt haben, das allerdings unter dem Rekordergebnis des Vorjahres liegt. Gründe sind, wie in unserer Quartalsmeldung im November bereits angedeutet, vor allem die weltweiten Tiefstpreise für Milch und negative Währungseinflüsse.

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Anleihen Finder Redaktion: Warum sind Sie sich sicher, dass sie in den kommenden Jahren ausreichend Cashflow zur Rückführung der Anleihen generieren werden?

Wolfgang Bläsi: Durch die Vollauslastung der erst in den letzten Tagen fertiggestellten Milchviehanlagen werden wir nochmals ein deutliches Wachstum in den Erträgen erzielen. Diese werden insbesondere beim Cashflow einen weiteren Schritt nach vorne bedeuten. An dieser Stelle berufe ich mich gerne nochmal auf das PwC-Gutachten, das unsere Planung bestätigt und die Planungsprämissen zudem als eher konservativ einschätzt.

Anleihen Finder Redaktion: Das Unternehmensrating wurde auf „CCC“ (watch) herabgestuft. Für Anleger ist das ein deutliches Warnsignal. Schon in der Vergangenheit waren Sie nicht immer einverstanden mit den Rating-Entscheidungen der Creditreform. Was sagen Sie in diesem Fall?

„Ungünstiges Signal“

Wolfgang Bläsi: Uns war bereits vor Bekanntgabe der Prolongation klar, dass es voraussichtlich zu einer Herabstufung des Ratings kommen würde. Für Creditreform ist eine erfolgreiche Prolongation ein Ausfall und die Ankündigung der Prolongation somit eine Vorstufe zum Ausfall. Unsere Unternehmensrisiken haben sich aufgrund der positiven operativen Entwicklung der Ekosem-Agrar in den letzten Jahren deutlich reduziert und auch unser Geschäftsmodell hat sich in dem schwierigen Markt als stabil und profitabel erwiesen. Natürlich ist das trotzdem ein ungünstiges Signal, das zu Verunsicherung führen kann, obwohl diese nicht begründet ist und auch die kommenden Zinszahlungen der Anleihen nicht in Frage stehen.

Anleihen Finder Redaktion: Zu guter Letzt: Was muss sich bei den russischen Rahmenbedingungen ändern, damit die Ekosem-Agrar GmbH wieder auf „vollen Touren“ läuft?

Wolfgang Bläsi: Für Ekosem-Agrar ist die derzeitige Situation aufgrund der Branchenzugehörigkeit nicht so kritisch wie für Unternehmen aus anderen Bereichen. Sicherlich ist die Volatilität des russischen Rubel sowie die Inflations- und Zinsentwicklung eine Herausforderung. Eine Prognose ist hier naturgemäß schwierig, da die genannten Faktoren zahlreichen geopolitischen Einflüssen unterliegen. Sicher wäre eine Aufhebung der westlichen Sanktionen wünschenswert, damit sich die russischen Banken wieder an den europäischen Finanzmärkten refinanzieren könnten und damit die Kreditvergabe erleichtert würde.

Anleihen Finder Redaktion: Sehr geehrter Herr Bläsi, vielen Dank für das Interview.

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Anleihen Finder Redaktion. Timm Henecker.

Fotos: Ekosem-Agrar GmbH

Anleihen Finder Datenbank

Unternehmensanleihe der Ekosem-Unternehmensanleihe 2012/2017

Unternehmensanleihe der Ekosem-Unternehmensanleihe 2012/2018

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