Anleger Christoph Kanther kämpft gegen hkw Personalkonzepte: „Lügen im Wertpapierprospekt, Millionen-Transfers ohne Kontrolle, Über die Presse gestreute, gezielte Falschinformationen“ – Schützt Unwissenheit vor Strafe?

Mittwoch, 4. März 2015


Was ist aus der Klage gegen hkw Personalkonzepte geworden? Privatanleger Christoph Kanther fühlt sich „hinters Licht geführt.“ Christoph Kanther berichtet von seinem Kampf gegen hkw Personalkonzepte.

(Gedächtnisprotokoll):

„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ – dieser von der Justiz bei Straf- oder Verkehrsdelikten zumeist angewandte Schuldspruch fand in meinem Zivilprozess am 10.Februar 2015 in München leider keine Anwendung.

In dem Verfahren gegen den Co-Geschäftsführer und Vorstand der in die Insolvenz geratenen hkw Personalkonzepte, Herrn Dieter Kick, habe ich als Anleihegläubiger auf Verstoß gegen drei Verfehlungen geklagt:

  1. 1. Fehlerhafte und falsche Aussagen im Anleiheprospekt
  2. 2. Unkontrollierte Auszahlung oder Überweisung von rund 5,45 Millionen Euro aus dem Unternehmen im Sommer 2013
  3. 3. Gezielte, fingierte Informationspolitik in Zusammenhang mit Falschaussagen (bzgl. der damaligen Geschäftslage und der Zinszahlung am 15.11.2013)

Anklage abgewiesen

Meine Klage als Anleihegläubiger wurde abgewiesen, weil ich Herrn Kick laut der Richterin keine vorsätzliche Handlung nachweisen konnte.

Wenn ich jemanden fahrlässig – nicht vorsätzlich – im Straßenverkehr verletze oder jemanden bei einem Einbruch fahrlässig – nicht vorsätzlich – bestehle, wird mir eine Strafe nicht erspart bleiben bzw. dem Geschädigten wird eine Wiedergutmachung – in welcher Form auch immer – erbracht werden.

Noch mal meine Argumente im Einzelnen:

1. Fehlerhafte und falsche Aussagen im Anleiheprospekt

Im Prospekt vor Begebung der nominal 10-Millionen Euro-hkw-Anleihe (8,25 Prozent) im Herbst 2011 wurde nicht erwähnt, dass der 2.Vorstand der hkw, Gerrit Brunsveld, seine Beteiligung an hkw bei der Rabobank in den Niederlanden fremdfinanziert hatte und so das Eigenkapital der hkw in Form von geschönten Hochrechnungen, der von ihm gehaltenen Beteiligungen im Ausland in „besserem Licht“ nach außen dargestellt hatte. Herr Kick will von diesem kriminellen Vorgehen seines Co-Vorstands damals nichts gewusst haben, obwohl er bereits seit 1997 bei hkw tätig ist.

2. Unkontrollierte Auszahlung oder Überweisung von rund 5,45 Millionen Euro aus dem Unternehmen im Sommer 2013

Im Halbjahresbericht 2013 der hkw fand sich der nahezu unauffällig und kaum bemerkte Zusatz, dass 5,4 Millionen Euro in Form eines Darlehens aus der hkw an Herrn Brunsveld ‘nahestehende‘ Gesellschaften in Holland abgeflossen seien. In jedem Unternehmen gibt es Geschäftsführer – wie bei hkw die beiden gleichberechtigten Vorstände Brunsveld und Kick – die quasi die ‘Geschäfte führen‘ und sich doch gegenseitig austauschen (müssen), um den weiteren Geschäftsgang zu besprechen und Entscheidungen zu treffen. Es kann und darf einfach nicht sein, dass mehr als 50 Prozent der Anleihesumme ohne jegliche Kontrolle, nicht nur von Co-Geschäftsführer Kick, sondern auch von Aufsichtsrat, Buchhaltung und Hausbank eben einfach in bar oder mittels Überweisung ungeprüft und offensichtlich ohne jede Rückfrage ins Ausland transferiert werden.

Hier ist die Politik gefordert, solche Machenschaften der Verantwortlichen im Unternehmen zu ahnden.

3. Gezielte fingierte Informationspolitik in Zusammenhang mit Falschaussagen (zur damaligen Geschäftslage und zur Zinszahlung am 15.11.2013)

Am 29.Oktober Oktober 2013 veröffentlichte die hkw auf ihrer Homepage folgendes Statement zu erstmals auftretenden, kräftigeren Kursschwankungen: ‚Wir möchten verdeutlichen, dass es keine negativen Nachrichten zu unserem Geschäftsverlauf oder unserem Unternehmen gibt. Die Entwicklung der Geschäftszahlen ist im Jahresvergleich weiterhin positiv, so dass keinerlei Ursachen für eine Unternehmensgefährdung bestehen. Die Zinszahlung der Anleihe zum 15.11.2013 ist nicht gefährdet.‘

Am 16. November 2013 – achtzehn Tage später – veröffentlicht hkw folgende Pressemitteilung: ‚Wegen der Neustrukturierung der HKW, die mittels Einbringung in eine neue Holding namens Kosinus Personal GmbH firmieren soll, und mehrheitlich weiter von den bisherigen geschäftsführenden Gesellschaftern Gerrit Brunsveld (Strategie und Finanzen) und Dieter Kick (operatives Geschäft) gehalten werden, wird sich die Zinszahlung der hkw-Unternehmensanleihe um wenige Wochen – auf den 16. Dezember 2013 verzögern. Nachdem alle Gesellschaften unter der hkw vereint sind, beabsichtigt die neue Holding, Kosinus Personal GmbH, das Wachstum der Gruppe weiterhin auszubauen. Bei der vorbezeichneten Neustrukturierung kam es zu einer nicht geplanten Verzögerung. Die Gesellschaft bedauert diese zeitliche Verzögerung. In wirtschaftlicher Hinsicht geht die hkw davon aus, in 2013 ein positives Betriebsergebnis auszuweisen. Die Geschäftsführer Brunsveld und Kick stehen jederzeit für Auskünfte zur Verfügung.“

Nachdem meine Hausbank am 15. November 2013 die Zinszahlung auf mein Konto zunächst gutschrieb und einen Tag später wieder stornierte, wurde mir auf Anfrage mitgeteilt, dass die hkw darauf warte, dass Herr Brunsveld in Holland die Zinszahlung ‘freigebe‘.

Im Rahmen der vorläufigen Insolvenzeröffnung im Januar 2014 ist bekannt geworden, dass die hkw als Gesamtschuldnerin zusammen mit weiteren Kreditnehmern im Jahre 2011 – vertreten durch ihren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer Brunsveld – ein Darlehen von 5,85 Millionen Euro bei einem niederländischen Kreditinstitut aufgenommen hatte. Diese Verbindlichkeit wurde durch die hkw damals nicht bilanziert.

Das Darlehen ist durch einen Globalzessionsvertrag, der alle Forderungen der hkw aus Warenlieferungen und Leistungen gegen alle ihre Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A-Z betrifft, gesichert. Das Darlehen valutiert in Höhe von 2.632.492,46 Euro.

Zudem stellte sich heraus, dass Herr Brunsveld die durch die Begebung der Anleihe eingenommenen Gelder vollständig in Form mehrerer ungesicherter Darlehen an mit ihm verbundene bzw. von ihm beherrschte Unternehmen ausgereicht hatte. Diese Gelder befinden sich infolgedessen nicht mehr im Unternehmen.

Nicht nur ich frage mich, wieso und warum Herr Kick behaupten kann, er habe von allen hier geschilderten Vorgängen nichts gewusst. Im Vorstand eines jeden Unternehmens gilt es, verantwortlich zu handeln und sich über aktuelle Entwicklungen gegenseitig abgestimmt informiert zu halten. Eine Organhaftung ist hierbei strikt anzuwenden – wie es z.B. bei Siemens vor kurzem auch vollzogen wurde.

Die Richterin befragte Herrn Kick, ob eine D & O-Versicherung für ihn einspringe bzw. ob er eine besitze, was er bzw. seine Anwälte bestätigten. Ein Vergleich kommt auf Intention der Verteidigung von Herrn Kick nicht zustande, da ihr Mandant unverschuldet sei. Zudem sei Herr Kick selbst von Herrn Brunsveld geschädigt worden und habe selbst gemeinsam mit Herrn Bierbach Klage gegen Brunsveld in 2014 eingeleitet.

Mein Glaube an die Rechtsprechung und schnellstmögliche Gesetzverschärfungen zur Bestrafung krimineller und inkompetenter Vorstandsmitglieder bleibt ungebrochen.

Christoph Kanther

Chancen für Privatanleger

Im August 2014 hatte die Anleihen Finder Redaktion erstmals über den Privatanleger Christoph Kanther berichtet, der sich von den Managern der hkw Personalkonzepte GmbH „übers Ohr gehauen“ fühlte und daher eine Privatanklage anstrebte: Der Artikel „Privatanleger gegen hkw Personalkonzepte GmbH: Wieso tappt die Staatsanwaltschaft nach wie vor im Dunkeln? – Liegt Bilanzbetrug vor? – Warum blieb ein Darlehen von 5,4 Millionen Euro im Halbjahresbericht unerwähnt? – Auf dem Weg zur Privatklage“ erzählt die Vorgeschichte der Verhandlung.

Die Anleihen Finder Redaktion möchte auch weiterhin „kleineren“ wie „größeren“ Investoren und Marktteilnehmern die Chance geben, Ihre Sichtweisen öffentlich – nach redaktioneller Prüfung und Bewertung – darzustellen. Melden Sie sich dazu bei unseren Redakteuren Christoph Morisse (morisse@anleihen-finder.de) oder Timm Henecker (henecker@anleihen-finder.de). Vielen Dank!

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Anleihen Finder Redaktion. Timm Henecker.

Foto: Néstor Galina / flickr Néstor Galina

Anleihen Finder Datenbank

Unternehmensanleihe der hkw personalkonzepte GmbH 2011/2016

Zum Thema „Erfahrungen von Privatanlegern“

Privatanleger gegen hkw Personalkonzepte GmbH: Wieso tappt die Staatsanwaltschaft nach wie vor im Dunkeln? – Liegt Bilanzbetrug vor? – Warum blieb ein Darlehen von 5,4 Millionen Euro im Halbjahresbericht unerwähnt? – Auf dem Weg zur Privatklage

RENA-Insolvenz aus der Sicht eines Anleihegläubigers: „100.000 Euro investiert“ – „Geld weg?“ – „Wie kann ein Unternehmen mit einer 40-Millionen-Euro-Anleihe innerhalb eines halben Jahres insolvent werden?“

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