Ära der Rumpel-Mittelstandsanleihen geht zu Ende

Montag, 21. Juli 2014


Weltmeister ist Deutschland. Deutschland ist Mittelstand. Und der hat einen guten Ruf. Aber die Mittelstandsanleihen nicht. Die Anlageklasse leidet unter einer Reihe von Ausfällen von Rumpel-Anleihen. Wie kommt man da jetzt wieder raus? Jogi Löw würde wahrscheinlich zuerst mit seinem Trainerteam analysieren, die Hauptschwachstellen finden und diese dann abstellen. Folgt man diesem Ansatz, so stößt man dauernd auf ein Hauptargument, dass es den Mittelstandsanleihen schwer macht, einen besseren Ruf bei Investoren zu bekommen: „Mittelstandsanleihen werden von schwachen Unternehmen begeben, die keinen Kredit mehr bei Banken bekommen.“ Was ist da dran?

Junior-Professor Dr. Mark Mietzner von der Zeppelin Universität in Friedrichshafen hat sich Familienunternehmen, die Mittelstandsanleihen emittierten, genauer angesehen: „Somit besteht beim Erwerb der Anleihen von Familienunternehmen die Gefahr, dass Unternehmen genau dann Fremdkapital emittieren, wenn andere Ressourcen bereits erschöpft sind.“ Das hören Investoren gar nicht gerne.

Familienunternehmen zahlen mehr

Juniorprofessor Mark Mietzner hat 97 „Familienunternehmensanleihen“ und 166 Anleihen von Nicht-Familienunternehmen, die zwischen 2000 und 2013 in Deutschland emittiert wurden, untersucht. Der Wissenschaftler konzentrierte sich dabei darauf, die Unterschiede in der Effektivverzinsung und den jeweiligen Renditeaufschlägen auf risikolose Staatsanleihen festzustellen. Das Ergebnis war, dass Familienunternehmen mit einer höheren Effektivverzinsung – durchschnittlich bei 5,5 Prozent pro Jahr – belastet wurden als Nicht-Familienunternehmen mit durchschnittlich 4,8 Prozent pro Jahr.

Zudem fand Mark Mietzner heraus, dass die Differenz bei den Renditeaufschlägen im Vergleich zu „laufzeitkongruenten Staatsanleihen“ bei Familienunternehmen um 3,1 Prozent, bei Nichtfamilienunternehmen aber nur um 2,7 Prozent höher war. Demnach  mussten Familienunternehmen mehr als Nicht-Familienunternehmen für ihre Mittelstandsanleihen zahlen.

Der Grund für die Aufpreise sei laut Mark Mietzner, dass Investoren davon ausgehen würden, dass Familienunternehmen von ihrer natürlichen Finanzierungsstruktur – „Innenfinanzierung vor Fremdkapitalaufnahme – also auch möglichst wenig Mitspracherechte für Externe“ – abweichen müssten, um überhaupt noch an frisches Geld zu kommen.

„Kreditgeber der letzten Zuflucht“

„Rationale Anleger würden diese Emissionsstrategie antizipieren und eine höhere Risikoprämie fordern. Eine kapitalmarktbasierte Außenfinanzierung würde somit als „lender of last resort“ („Kreditgeber der letzten Zuflucht“) angesehen werden und zu einer negativen Selbstselektion von Familienunternehmen führen, und genau dieser Effekt solle mit einer Analyse der Emissionsprämien bei Fremdkapitalemissionen belegt werden“, heißt es im schönsten Wissenschaftssprech in der Zusammenfassung der Studie.

Den Trend zur Verteuerung belegt auch die aktuelle PwC-Studie „Emissionsmarkt Deutschland Q2 2014“. Demnach sei der durchschnittliche Zinskupon von Mittelstandsanleihen von 7,00 auf 7,56 Prozent gestiegen, heißt es bei PwC.

Löw würde mehr Qualität einfordern

Weltmeister-Trainer Jogi Löw hätte also spätestens jetzt eine Schwachstelle des Spielsystems gefunden. Es liegt auf der Hand, dass er jetzt mehr Spielerqualität – sprich bessere Emittenten Qualität  einfordern würde. Rumpelfußballer müssen durch mehr Müllers und Götzes ausgetauscht werden. So könnten die Chancen der aktuellen Turnierphase genutzt werden: „Insbesondere für institutionelle Investoren erscheinen Mittelstandsanleihen attraktiv, da die erzielbaren Renditen alternativer Anlagemöglichkeiten aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase häufig unzureichend sind“, stellt auch Professor Mark Mietzner fest.

Tatsächlich werden die neuen Spieler auf Platz immer besser. Die Beate Uhse AG gilt als jüngstes Beispiel dafür, dass sich Banken, Börsen und Emissionsbegleiter um mehr Qualität bemühen. Und die Anzeichen verdichten sich, dass der Mittelstandsanleihenmarkt in naher Zukunft seine Rumpelfußballer-Phase hinter sich lassen könnte. „Die Entwicklung zeigt in die richtige Richtung und auch in Zukunft erwarten wir bei Anleihen eine Erhöhung der Standards, besonders in Bezug auf den Ausbau von Financial Covenants und die Einhaltung bestimmter Kapitalstrukturen und Finanzierungsklauseln“, so Ralf Meinerzag, CIO des Steubing German Mittelstand Fund I, im „Standpunkt German Mittelstand“.

„Es wird nicht mehr alles blind gekauft“

„Insgesamt zeigen die Trends des ersten Halbjahres ein Umdenken aller Marktteilnehmer: Investoren sind kritischer geworden. Der Best Pratice Guide der Deutschen Börse wird von Emittenten wie auch Emissionshäusern angenommen (siehe Beate Uhse-Emission). Es wird nicht mehr alles blind gekauft. Zusätzlich tragen auch Fonds zur Professionalisierung des Segments bei: Auf den Roadshows sind die Fondsmanager als Vertreter der Privatanleger beteiligt und können so frühzeitig bei Emissionen ihr Investitionsvolumen für den Anleger in die Waagschale werfen“, erklärt Meinerzag.

Auch andere Fondsmanager blicken optimistischer in die Zukunft: „Zwar emittierten im 1. Halbjahr weniger Unternehmen Mittelstandsanleihen als im Vorjahr, jedoch gab es einige Neuemissionen, die die hohen Qualitätsanforderungen des KFM-Scoring erfüllten und in den Deutschen Mittelstandsanleihen Fonds aufgenommen wurden, heißt es beim Deutschen Mittelstandsanleihen Fonds. Investoren werden diese Turnierphase aufmerksam beobachten.

Spätestens nach der Sommerpause wird man erkennen, ob eine Generation von Spielern mit mehr Qualität die Rumpel-Mittelstandsanleihen nachhaltig abgelöst haben wird.

Anleihen Finder Redaktion. Christoph Morisse.

Foto: NICOLA, Nicola-since-1972/flickr

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